Volksschule Bruckneudorf – neues Leben in der denkmalgeschützten Erbsenfabrik
Johannes Pesendorfer berichtet, wie er mit seinem Team die einstige Erbsenfabrik in Bruckneudorf in ein Schulhaus mit Gastronomie verwandelt hat. Das Projekt ist Teil größerer Baumaßnahmen zur Schaffung eines attraktiven Ortszentrums.
Herr Pesendorfer, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Das ehemalige Fabrikgebäude wurde vor dem Abbruch gerettet und mit einer neuen Nutzung versehen. Dabei konnten wesentliche Teile erhalten und sichtbar belassen werden, so zum Beispiel die gesamte Holzkonstruktion des ehemaligen Speichergebäudes. Kinder, die dort unterrichtet werden, wachsen in einer historischen Umgebung, aber gleichzeitig in modernen Räumen auf.
Das schulische Konzept bietet offene Lernzonen, die den Klassen vorgeschaltet sind. Es gibt eine großzügige Foyer- und Stieghaussituation, und sogar ein Turnsaal konnte im Gebäude untergebracht werden. Lediglich zwei kleine Zubauten in einer zurückhaltenden Metall-Glas-Konstruktion wurden ergänzt, ein Windfang und eine Garderobe.
Wichtig war uns als Architekten der behutsame Umgang mit der Geschichte des Gebäudes bei gleichzeitiger Integration moderner Schulkonzepte. Helle, hohe Räume, kurze Wege, Barrierefreiheit, großzügige Außenanlagen (Schulhof, Garten und Sportanalgen), Veranstaltungssaal, Turnsaal, Nachmittagsbetreuung – all diese Funktionen sind in dem historischen Gebäude direkt am neuen Hauptplatz in einer autofreien Umgebung untergebracht.
Die Heizung funktioniert über hackschnitzel-basierte Fernwärme. Aus denkmalpflegerischen Gründen wurde kein Styropor an der Fassade angebracht, es gibt Kastenfenster aus Holz, und es wurden ökologische Baumaterialen verwendet. Nachhaltiger ist fast nicht möglich.
Bruckneudorf ist ein gewachsener Ort an der Bahnlinie nach Wien, der bisher kein eigentliches Zentrum aufwies. Durch die Nachnutzung des zentral gelegen Areals der ehemaligen Erbsenfabrik gab es nun die einmalige Gelegenheit, einen neuen Ortskern zu schaffen. Die Schule und der vorgelagerte neue Hauptplatz bilden dabei den Mittelpunkt.
Um diesen Platz entstehen neue Bauten mit zentralen Funktionen wie betreubares Wohnen. Sogar eine Kirche wird gebaut. Die beiden benachbarten ehemaligen Getreidesilos mit einer Höhe von je 42 Metern werden zu Wohngebäuden transformiert. Zukünftig werden sie ein erneuertes, weithin sichtbares Landmark bilden. Da wir auch als Architekten dieser Silos tätig sein dürfen, war es uns wichtig, die oberste Silo-Ebene in Form einer Skybar für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Anfänglich wurde von uns geprüft, ob eine Schule mit modernen pädagogischen Ansätzen und ein Kulturzentrum überhaupt mit dem Bestandsgebäude in Einklang zu bringen sind. Dies war zum Glück der Fall. In der Folge wurde sehr schnell klar, dass die Schule größer werden musste, als ursprünglich angedacht. Es war zusätzlich auch eine Musikschule unterzubringen. Letztendlich wurde das Kulturzentrum ausgelagert und die geplante gastronomische Nutzung aufgewertet. Diese sollte zusätzlich Leben ins Ortszentrum bringen, die Schulkinder in der Nachmittagsbetreuung mit frischen Speisen versorgen und Veranstaltungen im großen Festsaal ermöglichen.
Zum Zeitpunkt der Auswahl und Planung der Möblierung war die Direktorin der Schule bereits ernannt. Damit war die Einbindung der Nutzer*innen in diese wichtigen Entscheidungen möglich.
In Summe betrachtet kam es im Laufe des Projekts zu unterschiedlichen Inputs, die es uns ermöglichten, den Entwurf und dessen Umsetzung laufend zu optimiert und an neue Erkenntnisse anzupassen. Die Zusammenarbeit mit der Oberwarter Siedlungsgenossenschaft (OSG) als Bauherrin, der Gemeinde, den Nutzer*innen und Behörden verlief reibungslos und freundschaftlich-kollegial.
Unser Büro hat Erfahrungen mit unterschiedlichen Bereichen der Architektur, wobei uns auch immer wieder neue Themen und deren Erarbeitung interessieren. Wir brachten bereits sehr gute Erfahrungen im Bereich der Denkmalpflege mit, zugleich war dies allerdings unser erster Schulbau.
Zum einen hatten wir es mit einem Gebäude zu tun, das unter Denkmalschutz steht, zum anderen musste eine Umnutzung erfolgen, die entsprechend der gesetzlichen Rahmenbedingungen eine Aufrüstung auf den aktuellen Stand der Technik erforderte. Hinsichtlich der bestehenden (Sicht)Ziegelfassade war ein Vollwärmeschutz optisch nicht vertretbar. Durch die Trockenlegung des Mauerwerks, den Einbau neuer Fenster, eine gute Isolierung der Boden- und Deckenkonstruktion sowie die Installation von Wand- und Fussbodenheizungen konnte die energetische Situation allerdings optimiert und wesentlich verbessert werden; gegenüber einer modernen Betonkonstruktion mit Styroporfassade aus unserer Sicht eine nachhaltigere Lösung.
Gestalterisch ist es uns mithilfe eines sehr engagierten Brandschutzplaners gelungen, die bestehende innere Holzkonstruktion sichtbar zu belassen. Da Pfeiler und Böden für schwere Nutzlasten ausgelegt waren, konnte der Bestand auch statisch übernommen werden. So werden die Kinder unter historischen Holzbalken unterrichtet, und auch im Festsaal konnten die bauzeitlichen Stahlsäulen sichtbar erhalten bleiben.
Da die gesetzlich vorgeschriebene Belichtung in Teilbereichen ohne zusätzliche Maßnahmen nicht erreichbar war, wurden Lisenen in die Fassade geschnitten und verglast, die Wände der Klassenzimmer zur vorgelagerten Lernzonen mit Oberlichtbändern versehen und Lichtkuppeln in die Dachkonstruktion eingefügt.
»Erbse« – Volksschule Bruckneudorf
Standort
Hauptplatz / Gärtnergasse 1, 2460 Bruckneudorf
Nutzung
Bildungsbau und Gastronomie
Auftragsart
Direktvergabe
Bauherrschaft
Oberwarter Siedlungsgenossenschaft (OSG)
Architektur
Pesendorfer | Machalek | Dolmanits Architekten ZT, Wien
Stefan Eilmsteiner und Fritz Etlinger
Fachplaner
Freiraumplanung: dieLandschaftsplaner.at Ziviltechnikergesellschaft m.b.H., Bruck an der Leitha
Planung TGA: Woschitz Engineering ZT GmbH, Oberwart
Statik und Bauphysik: DI Thomas Gottschlich ZT, Bruck an der Leitha
Brandschutzplanung: FSE Ruhrhofer & Schweitzer GmbH, Statzendorf
Fertigstellung
2022
Maßgeblich beteiligte Unternehmer
Teerag Asdag Burgenland
Fotos
Kurt Kuball und Johannes Pesendorfer