Beginn eines Umdenkens?

Manuel Pestalozzi | 20. Februar 2025
Das Bauwerk aus den 1930er-Jahren geht originell, aber mit Bedacht auf die städtebauliche Situation ein. Schon in den 1980er-Jahren schrieb der Architekturkritiker und Autor Friedrich Achleitner über die qualitätsvolle Gestaltung und architekturgeschichtliche Bedeutung des Hauses Seedoch. (Foto: © Bürgerinitiative Lebenswertes Mattersburg)

Ende Januar konnte die Bürgerinitiative Lebenswertes Mattersburg verkünden: Das Bundesdenkmalamt stellt das Haus Seedoch unter Schutz, dessen architekturgeschichtliche Bedeutung der berühmte Architekturkritiker und Autor Friedrich Achleitner (1930–2019) schon 1983 in einem Architekturführer herausgestellt hatte. Alexander Dworschak, der Sprecher der Gruppe, sagt dazu: »Wir freuen uns über die Entscheidung des Bundesdenkmalamtes. Darauf kann Mattersburg stolz sein. Es zeigt, welche Schätze in unserer Stadt zu finden sind.« Und er fügt hinzu: »Wir verstehen den Denkmalschutz für das Haus Seedoch als Fingerzeig für einen behutsamen Umgang mit unserer Stadt, mit dem, was schon da und erhaltenswert ist, und mit dem, was wir daraus machen.« Geplant wurde das Haus von den burgenländischen Architekten Rudolf Hutter und Julius Kappel für das Ehepaar Irene und Franz Seedoch. Wie die Sachverständigen nun bescheinigt haben, ist das Bauwerk ein wertvoller Zeuge der österreichischen Architekturmoderne der Zwischenkriegszeit.

Das Baudenkmal war durch ein Stadtentwicklungsprojekt auf dem 12'000 Quadratmeter großen Pucher-Areal in der Innenstadt gefährdet gewesen. Neben der Bürgerinitiative hatten auch die ÖGFA, also die Österreichische Gesellschaft für Architektur, und die NGO DOCOMOMO Austria, die Bauten der Moderne in Österreich dokumentiert, für den Erhalt des Hauses gekämpft. Das Pucher-Areal ist heute großteils eine Brache: Die Commerzialbank Mattersburg hatte dort vor ihrer Zwangsschließung im Jahr 2020 eine neue Zentrale errichten wollen und bereits viele Bestandsbauten abgebrochen. Anschließend entwickelte die Stadt Pläne zur Überbauung des Geländes, die auch ein neues Rathaus und weitere Verwaltungsbauten beinhalten.

Die Stadt qualitätsvoll weiterbauen

Die Unterschutzstellung der Liegenschaft hat größere Auswirkungen auf die Entwicklung der Stadt. In einem Teilbebauungsplanentwurf war vorgesehen gewesen, das Baudenkmal abzureißen, um auf dem Pucher-Areal Wohn- und Geschäftshäuser mit bis zu sieben Stockwerken zu bauen. Auch ein neuer Stadtplatz mit dem erwähnten Rathaus, dem Bezirkspolizeikommando und einem Hotel war geplant. Die ÖGFA kritisiert, diese Bauten würden aus städtebaulicher Sicht den Maßstab der noch immer in weiten Teilen ländlich geprägten Kleinstadt mit ihrer großteils zwei- bis dreigeschossigen Bebauungsstruktur sprengen. »Auch in der Situierung der Baukörper zeigen die Objekte keinen Bezug zum Umfeld und lösen sogar die derzeit bestehenden Straßenfluchtlinien und die anderen städtebaulichen Bezüge auf«, bemängelt der Architekturverein. Der Entscheid des Bundesdenkmalamtes lässt jetzt die Hoffnung aufkeimen, dass auch die übrigen auf dem Gelände noch erhaltenen Bestandsbauten nicht ohne weiteres zum Abbruch freigegeben werden. »Es ist gerade dieser Bestand, der mit der umgebenden Bebauung eine Art städtebauliche Torsituation zur Michael-Koch-Straße generiert«, hält die ÖGFA in einem online veröffentlichten Kommentar fest. Sie mahnt, beim Weiterbauen der Stadt künftig die intakte Bausubstanz zu respektieren – im Sinne eines gelungenen Städtebaus und einer hochwertigen Architektur, aber auch dem Klima und der Umwelt zuliebe.

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