Kunst im Bahnhof
Zurzeit tragen Bad Ischl und das Salzkammergut den Titel europäische Kulturhauptstadt. Aus diesem Anlass werden leerstehende Stationen der Salzkammergutbahn zu Orten der Kunst. Auch für Architekturinteressierte gibt es etwas zu entdecken – zum Beispiel den Bahnhof von Hallstatt.
Neben dem norwegischen Bodø und Tartu in Estland dürfen Bad Ischl und das Salzkammergut heuer den Titel europäische Kulturhauptstadt tragen. Unsere Redakteurin Susanna Koeberle hat die Region darum bereits im vergangenen Oktober besucht. Zur Feier der Auszeichnung wurde ein umfangreiches Kulturprogramm zusammengestellt, wie uns Elisabeth Schweeger, die Leiterin des Kulturhauptstadtjahres, im Interview erklärte. Ein wichtiger Bestandteil davon: Leerstände werden zu Treffpunkten für Künstlerinnen und Künstler aus dem In- und Ausland, die dort leben und arbeiten.
Auch einige Bahnhöfe der Salzkammergutbahn werden zu Orten der Kunst: Kulturinteressierte können Stationen in Hallstatt, Pettenbach, Bad Aussee, Kainisch, Tauplitz, Traunkirchen und Scharnstein-Mühldorf besuchen. Dort wurden Bahnhofsrestaurants, Bars, Ticketschalter und zuweilen auch die Wartesäle geschlossen. Diese Lücken werden den Sommer über von Künstlerinnen und Künstler gefüllt. In der Brauerei auf Schloss Eggenberg sind Wohnateliers für das Artist-in-Residence-Programm eingerichtet.
Die Umdeutung der Bahnhöfe zu Orten der Kultur macht auch auf die unzureichende ÖV-Infrastruktur in der vom Tourismus geprägten Region aufmerksam – ein Zustand, der zu verstopften Straßen führt und die Einheimischen wie auch die Natur belastet.
Architekturinteressierte anlocken dürfte besonders die Bahnhaltestelle der unter übermäßigem Touristenandrang leidenden Gemeinde Hallstatt. Die Station, die sich am gegenüberliegenden Seeufer befindet, wurde 1958/59 von Johann Czihal entworfen, der lange Jahre als Architekt für die ÖBB tätig war. Zu der Anlage gehört neben dem eigentlichen Bahnhofsgebäude auch ein Unterstand beim Anleger am See und ein eleganter Wartesaal, der ästhetisch von der Architektur Frank Lloyd Wrights inspiriert scheint. Er besitzt eine bemerkenswerte Dachkonstruktion mit Oberlicht. Eigentlich ist der Bau heute geschlossen, doch im Zuge des Kulturhauptstadtjahres wird er bespielt: Im Juni war die Schau »Fiktion Salzkammergut« der Künstler Fabian Puttinger und Norbert Artner zu sehen. Am 6. Juli nun wird die Ausstellung »Hallstatt Denkwerkstatt 2024«, die bis zum 10. August im Bahnhofe besucht werden kann, mit einem Diskussionsanlass eröffnet. Ihr Thema ist der Übertourismus und seine Auswirkungen Wohnsituation und Lebensqualität der Menschen vor Ort.