Staatspreis Architektur und Nachhaltigkeit: Arbeit am Vorhandenen
Das Umweltministerium zeichnet in diesem Jahr zwei Umbauprojekte und eine Stadtreparatur aus: Winkler + Ruck Architekten und Ferdinand Čertov haben das Wien Museum vergrößert, cs-architektur und Stijn Nagels stockten eine Wohnsiedlung aus den 1980er-Jahren auf, und in Hohenems ist die Revitalisierung der Altstadt gelungen.
Seit 2006 zeichnet das Umweltministerium klimafreundliche Bauprojekte mit dem Staatspreis Architektur und Nachhaltigkeit aus und belohnt so besonderes Engagement für eine zukunftsfähige Baukultur. Zur Bewertung der eingereichten Arbeiten wird auch der klimaaktiv-Standard für nachhaltiges Bauen und Sanieren herangezogen. Das Ministerium bezeichnet ihn als das »wohl anspruchsvollste Gütesiegel Europas im Bereich Klimaschutz«. Berücksichtigt werden bei der Vergabe dieses Zertifikats der Standort und die Infrastruktur eines Gebäudes, seine Energieversorgung, die verbauten Materialien und die Konstruktion sowie das Raumklima.
In diesem Jahr wurden 83 Projekte ins Rennen geschickt und von einer sechsköpfigen Jury um Matthias Hein bewertet. Zehn kamen in eine Vorauswahl, drei wurden schlussendlich prämiert: die Sanierung und Erweiterung des Wien Museums von Winkler + Ruck Architekten und Ferdinand Čertov, die Aufstockung der Wohnanlage »Wir InHAUSer« in Salzburg von cs-architektur und Stijn Nagels und die Revitalisierung der Altstadt von Hohenems in Vorarlberg.
Das Wien Museum am Karlsplatz wurde 1959 eröffnet. Nicht weniger als 274 Architekturbüros beteiligten sich am Wettbewerb für seine Vergrößerung. Winkler + Ruck Architekten und Ferdinand Čertov gewannen und ergänzten den Bestandsbau des Architekten Oswald Haerdt um einen Aufbau, der über einem neuen Zwischengeschoss mit öffentlicher Dachterrasse zu schweben scheint. Durch den Umbau wird Energie gespart: Neu verfügt das Museum über eine Bauteilaktivierung. Die Fenstergläser sind mit einer elektrochromen Beschichtung versehen. So kann das Gebäude auf Knopfdruck verdunkelt werden, um an heißen Tagen den Wärmeeintrag zu senken. Lehmputz sorgt zudem für ein behagliches Raumklima.
Die Häuser der Wohnanlage »Wir InHAUSer« wurden entkernt und in Hybridbauweise aufgestockt. Drei Viertel der benötigten Wärmeenergie werden aus der Abluft und dem Abwasser der Wohnungen gewonnen. »Pro Person fallen täglich rund 120 Liter Abwasser aus Bad, WC und Küche an, mit einer durchschnittlichen Temperatur von 22 Grad Celsius, hinzu kommt die Abwärme der Bewohnenden mit einem Temperaturpotenzial von immerhin 37 Grad«, sagt Haustechniker Dietmar Stampfer. »Das ist wertvolle Lebensenergie, die wir nicht wegblasen oder in den Kanal spülen, sondern mit einer Wärmerückgewinnungsanlage wieder einfangen.« Der Umbau der Anlage aus den 1980er-Jahren ist ein Forschungsprojekt der FH Salzburg und des Salzburger Instituts für Raumordnung und Wohnen: Die Aufstockung ist CO2-neutral. Die Konstruktion besteht aus Brettsperrholzwänden mit Steinwolle-Dämmung, Betondecken und vorgehängten Holzfassaden.
Das Potenzial des Vorhandenen zeigt besonders schön auch die Revitalisierung der Altstadt von Hohenems. Lange hatte die Vorarlberger Gemeinde mit Leerstand zu kämpfen, viele Altstadthäuser verfielen zusehends. Doch in den letzten 18 Jahren ist es mit einem Beteiligungsprozess, einem neuen, strengen Baureglement und dank umsichtiger Investoren gelungen, wieder Leben ins Zentrum zu bringen. Asphaltflächen wichen Pflastersteinen, Brunnen wurden aufgestellt und Bäume gepflanzt, und verschiedene Architekturbüros reparierten die Häuser sorgfältig.
Der Juryvorsitzende Matthias Hein betonte die hohe gestalterische, ökologische und soziale Qualität der drei Projekte. Architektur und Nachhaltigkeit seien nicht zwei unterschiedliche, voneinander trennbare Komponenten, sondern eine Einheit, sagte er. Und Ministerin Leonore Gewessler fügte hinzu: »Alle Staatspreisgebäude zeigen deutlich: Klimafreundliches, energieeffizientes und ressourcenschonendes Planen, Bauen und Sanieren sind mittlerweile ein fester Bestandteil heimischer Bauprojekte.« Tatsächlich wächst der Anteil der Sanierungen und Umbauten in Österreich zurzeit merklich.