Schloss Hofen

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Standort
Lochau
Jahr
2015

Vorarlberg, dieser ursprünglich so rurale Landstrich, hat wenig an Prunkbauten feudaler Prägung vorzuweisen. Unweit der ursprünglichen Burg Alt-Hofen der Grafen von Montfort steht zwischen Lochau und Eichenberg der zweite bedeutende Renaissancebau Vorarlbergs neben dem Palast in Hohenems. Das herrschaftliche Anwesen von Schloss Hofen durchlebte eine sehr wechselvolle Geschichte, war im Besitz vieler Herren, diente als Bierbrauerei, als Reservespital und Erholungsheim für Soldaten. Im 20. Jahrhundert waren es katholische Orden, die es erst als Heim für geistig behinderte Kinder und dann als Mädchenerziehungsanstalt nutzten, bevor es die Wehrmacht als Dienststelle und Lazarett okkupierte. In der Zeit des Wiederaufbaus wurde es zur Berufsschule für das Gastgewerbe mit angeschlossenem Internat umgemünzt. Seit 1972 im Besitz des Landes und 1991 ausgegliedert in eine gemeinnützige GmbH wird Schloss Hofen heute als Zentrum für Wissenschaft, Aus- und Weiterbildung und Seminarhotel betrieben.

Um diese Funktionen bestmöglich zu garantieren, wurde eine Generalsanierung mit Erweiterung angestrebt, im Wettbewerb dazu überzeugten Marte Marte mit einem Konzept minimalistischer Stringenz. Ihr Entwurf setzt auf die Stärkung der Gesamtanlage – die historische Substanz erstrahlt nun in kalkigem Weiß, verunklärende Bauten wurden entfernt, Zusatzflächen geschickt in den Hangsprung integriert und erforderliche Stiegenhäuser in zwei abstrahierten Türmen zusammengefasst. Die beiden kubischen Volumina leben vom Gegensatz: außen silberschimmerndes Streckmetall, innen Betonflächen, schwarz wie die Nacht. Die Geborgenheit der dunklen Räume verleitet dazu, den Lift links liegen zu lassen. Mühelos geht es sich an den indirekt beleuchteten Eichenholmen von Stockwerk zu Stockwerk, sie verbinden Seminarebenen, Parkdeck und Hotelzimmer miteinander. Im hangseitigen Sockel finden die neue Küche, Lager- und Nebenräume Platz. Geschickt werden Funktionen dadurch entflochten, das Dach wird durch extensive Begrünung zum lebendigen Kunstwerk.

Tritt man als Besucher*in durch das Tor des Wirtschaftsgebäudes, heute Sitz der Administration der Bildungsakademie, eröffnet sich ein weiter Hof mit repräsentativem Vorplatz und neu geordneten, terrassierten Räumen. Das Ensemble verströmt Gediegenheit und zurückhaltende Noblesse, bis auf die neuen Eingangstüren und die kühnen Anbauten deutet im Außenraum wenig auf die sich im Inneren entfaltende zeitgenössische Haltung großzügiger Raumstrukturen, maßgefertigter Einbauteile und hippen Mobiliars.

Schon das hangbegleitende Eingangsniveau verblüfft durch seine Modernität und Offenheit, aus der ehemaligen Saalstruktur mit Gewölben wurde eine fließende Raumfolge mit gekonnten Übergängen und durch Möbel und Textilien differenzierten Raumstimmungen. Über Lobby, Bar und Speiseraum sind auf der Beletage die Seminarräume angelegt; hier geben Holzkassettendecken, Stuckdecken und Leuchtenraster den Ton an. Eingeschobene Glaselemente öffnen die Räume zum Flur, ausgewählte Stoffe schotten bei Bedarf ab. Die ursprünglich frei stehende St. Oswald-Kapelle mit ihren bemalten Spitzbögen ist als Wolf-Dietrich-Saal der Prunksaal unter den bestens ausgestatteten Lehr- und Lernräumen. Die Hotelzimmer in den beiden Dachgeschossen runden das Angebot ab. Wie bei den Seminarräumen ist auch hier ein weiteres Plus der Ausblick über den nahegelegenen Bodensee und das beeindruckende Voralpenbergpanorama. Minimalistisch in der Gestaltung und raffiniert im Gebrauch – so ist das Bad als Wandschrank getarnt – verknüpfen auch diese Zimmer Geschichte und Funktion. Das Verweben von Zeit, Raum, Geschichte und aktuellen Bedürfnissen durchdringt das Gemäuer, lädt die gesamte Anlage auf mit einem Geist des Wohlseins im Jetzt und dem Hineindenken in ein mögliches Morgen. Man ist geneigt zu sagen, dem Ort wurde Gutes getan.

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