Verbergen und sichtbar machen

Autor:
Peter Petz
Veröffentlicht am
März 2, 2011

Kuehn Malvezzi gewinnen den Wettbewerb um das Museum der Weltkulturen in Frankfurt am Main. Johannes Kuehn stellt sich unseren Fragen zum Wettbewerb.
Eingangspavillon 
Welche Bedeutung hat der Wettbewerb für den Frankfurter Museumspark?
Die von den Frankfurtern am meisten genutzten Parkflächen liegen heute vor allem im Bereich des Meier-Baus wo sich mit dem Restaurant Emma Metzler und den Rasenflächen hochwertige Aufenthaltsorte befinden. Auf der anderen Seite im Westen ist der Park derzeit ein Parkplatz und der Wettbewerb bietet die Gelegenheit, auch hier belebte Aufenthaltsbereiche in einer gestalteten Landschaft sowie mit einem Café im historischen Kutscherhaus einen weiteren Treffpunkt zu schaffen. Der Eingangspavillon des Weltkulturenmuseums bildet einen Ort der Öffentlichkeit, der dem Westteil des Parks auch eine eigene Charakteristik gibt und ihn stärker in die Stadt holt.
Lageplan 
Wie fügen Sie das Projekt in den Stadtraum ein?
Unser Thema ist die Konstellation. Die Spur der vorhandenen Villen, in denen das Museum heute schon untergebracht ist aufnehmend und fortsetzend, wird das Museum der Weltkulturen aus einer Konstellation relativ zarter Volumina bestehen, die den Park entlang den Straßen säumen, das Kutscherhaus integrieren und mit dem Eingangspavillon als Vitrine im Park einen Raum aufspannen. Der überwiegende Teil der Ausstellungsflächen ist unterirdisch angeordnet, um dem Park sehr viel Raum zu geben und wenig Gebäudevolumen zu generieren.
Eingangsebene 
Schnitt, Ansicht Eingang 
Können Sie uns von der Metzlerstraße im Süden her kommend durch das Museum führen als ob es schon fertiggestellt wäre?
Wir gehen am Café im Kutscherhaus vorbei in den Park auf die Vitrine zu, betreten hier mitten im Park das Museum und gelangen in einen sehr hohen Raum: die Vitrine ist der von außen sichtbare Teil des größten und lichtdurchfluteten Ausstellungsraums, in dem sich die besonders hohen und großen Objekte befinden, an denen entlang wir jetzt in die Hauptausstellungsebenen hinabgeführt werden. In der Hauptebene können wir wählen zwischen drei Ausstellungsbereichen, die sich wie ein Kleeblatt um die Vitrine legen: der Dauerausstellung, also der Sammlung, dem Reservoir, das als Studienmagazin funktioniert und der Wechselausstellung mit angegliedertem Auditorium. Im Zentrum der Dauerausstellung gelangen wir zum Lesesaal, in dessen Mitte ein zum Park geöffneter Patio Tageslicht filtert und Blicke in den Park erlaubt; im Zentrum des Reservoirs erreichen wir hingegen einen Studiensaal, der allen offensteht und aus der magazinieren Sammlung ein leicht zugängliches Studienobjekt macht. Am Schluss unseres Besuchs nehmen wir den Ausgang zum Kutscherhaus, fahren mit dem Lift aus dem Museum nach oben direkt ins Café mit Terrasse im Museumspark.
Randbebauung, Schnitt, Ansicht Metzlerstraße 
Schnittperspektive, Ebenen -1 und -2 
Welches museale Thema war Ihnen besonders wichtig?
Ausstellen heißt verbergen und sichtbar machen. Das Display als Vitrine im Park bildet den Gegenpol zu den zunächst verborgenen Ausstellungsflächen. Durch die konservatorischen Bedingungen entziehen sich die Artefakte des Museums großteils dem direkten Sonnenlicht und brauchen eine schützende Hülle, die sie in jeder Form wie ein Schatzhaus sichert. Umso wichtiger sind uns jene Momente, in denen die Objekte sichtbar werden – wie geht der Besucher auf ein Exponat zu, wie nimmt er verschiedene Artefakte im Kontext wahr, welche Geschichte wird dadurch erzählt? Indem der Besucher durch das Museum geht, verknüpft er die verschiedenen Objekte miteinander und schneidet dadurch seinen subjektiven Film der Ausstellung. Wir haben uns als Ausstellungsarchitekten viel mit diesen Fragestellungen beschäftigt und schaffen mit den drei identifizierbaren Ausstellungsteilen des Museums der Weltkulturen eine Vielfalt von Wahrnehmungsmodi.
Patio 
Welche Materialstrategie schlagen Sie vor?
Wie die Direktorin des Museums Clémentine Deliss sind wir überzeugt, dass die gängige Vorstellung von ethnologischen Museen mit dunklen Hintergründen und theatral beleuchteten Objekten eher exotistisch ist und nicht unserer heutigen Haltung entspricht. Die von Deliss angestrebte Vernetzung des Museums mit künstlerischen Arbeiten und Veranstaltungen macht ebenso deutlich, dass wir in der Materialisierung ähnlich wie in der Kunst-Ausstellungspraxis ein geräuscharmes Museum schaffen sollten, das jedoch durch starke Räume und gute Lichtführung Präsenz und Prägnanz erhält. Der Eingangspavillon wird als hochfiligrane Glaskonstruktion wirklich nach den Maßstäben einer musealen Vitrine ausgeführt.
Detail 
Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin? Wird der Museumspark während der Bauzeit beeinträchtigt?
Ein Projekt dieser Größe nimmt drei bis vier Jahre in Anspruch, wobei die reine Bauzeit die Hälfte davon ausmacht. Durch die Konzentration der Baustelle westlich des Richard-Meier-Brunnens wird der Museumspark auch während der Bauzeit erhalten und ist vor allem am Wochenende ungestört.
Modell (Foto: ANP-Architektur- und Planungsgesellschaft mbH, Kassel) 

Die gesamte Wettbewerbsdokumentation finden Sie in wa 03/2011
Museum der Weltkulturen in Frankfurt am Main
Begrenzt offener Wettbewerb mit Bewerbungsverfahren

Jury
Prof. András Pàlffy, Vors.
Prof. Peter Cheret
Prof. James Clifford
Dr. Clémentine Deliss
Prof. Bettina Götz
Prof. Nikolaus Hirsch
Prof. Nikolaus Kränzle
Prof. Marcel Meili
Peter Pakesch
Dr. Hans Jürgen Pritzl
Prof. Carl Pruscha
Carolina Romahn
Dr. Manuela Rottmann
Prof. Michael Schumacher
Thomas Struth
Edwin Schwarz
Prof. Dr. Felix Semmelroth
Klaus Wichert

1.Preis
Kuehn Malvezzi
Berlin

2. Preis
Bruno Fioretti Marquez Architekten
Berlin

3. Preis
Trint + Kreuder d.n.a.
Köln

4. Preis
Adjaye Associates
London