Ort der Kommunikation

Autor:
Peter Petz
Veröffentlicht am
Mai 11, 2011

Die Architektei Mey gewinnt den Wettbewerb um die Dreizügige Grundschule in Bad Soden am Taunus. Bernd Mey stellt sich unseren Fragen zum Wettbewerb.
Blick in den Innenhof 
Welche Vorstellung von Schule liegt Ihrem Entwurf zugrunde?
Das Thema Schule ist für mich von außerordentlicher Bedeutung – nicht nur als architektonische Aufgabe, sondern insbesondere als ein Ort, der die Sicht auf Architektur schon früh wesentlich bestimmt; ich denke jeder kann sich an seine eigene Grundschule gut erinnern. Schulen gehören deshalb für mich zu den schönsten, aber auch verantwortungsvollsten Aufgaben als Architekt. Kaum ein anderer Ort ist bedeutender für die Prägung junger Menschen.
Unser Konzept von Schule entwickelt sich um ein zentrales Element als Ort der Kommunikation. Meist ist dies eine großzügige Halle mit Galerien, Treppen, Sitzstufen oder ähnlichem. In Bad Soden wird dies noch ergänzt durch einen Eingangshof mit Baum. Die Flure sollen licht und großzügig sein. Nischen bieten zusätzliche Aufenthaltsbereiche. fließende Übergänge von Innen- und Außenraum sowie Aus- und Durchblicke sollen vielfältige Blickbeziehungen ermöglichen. Die Klassen sind durch Oberlichter zu den Fluren und große Glasflächen belichtet. Eine klare Struktur soll es ermöglichen sich einfach und unkompliziert in der Schule zu orientieren.
Lageplan, Schwarzplan, Konzept 
Wie haben Sie auf den Kontext reagiert?
Die Situation wird bestimmt durch einen geplanten Kreisverkehr als neuem Ortseingang an der Niederhofheimerstraße mit 3-4 geschossigem Wohnungsbau und dem Übergang in die freie Landschaft mit großzügigen Blickbeziehungen. Das Wettbewerbsgebiet fällt vom Hochpunkt am Kreisverkehr nach Norden um circa zehn Meter. Die Grundschlue markiert im Zusammenspiel mit der gegenüberliegenden Wohnbebauung den Ortseingang. Die Sporthalle wird im Nordosten platziert und reagiert mit ihrer Höhenlage auf die vorhandene Topographie. Zwischen Schule und Sporthalle entstehen klar definierte Außenräume. Durch die Anordnung der Baukörper ergibt sich ein optimaler Schutz vor Schallemissionen.
Ansicht Süd, Erdgeschoss 
Wie organisieren Sie die Grundschule?
Der quadratische Schulbaukörper mit zentralem Innenhof nimmt im Obergeschoss alle Klassen- und Gruppenräume auf und bietet in form einer integrierten Freiterrasse / Freiklasse Platz für eine zukünftige Erweiterung innerhalb der Gesamtkubatur. Das Erdgeschoss der Schule wird durch einen L-förmigen Baukörper bestimmt, der sich in einen Bereich mit Eingangshalle, Mehrzweckraum und Verwaltung, sowie einen eigenständigen Bereich für die Betreuung gliedert. Im Untergeschoss der Schule, mit Bezug zum vorgelagerten Grünbereich, befinden sich die Fachräume und die Hausmeisterwohnung mit eigenem Zugang. Die Sporthalle gliedert sich in einen Eingangsbereich mit Umkleiden, Kraftraum und Zuschauertribünen im Ergeschoss, Sporthalle, Geräte- und Turnlehrerräume im Untergeschoss.
Ansichten Nord und West, Obergeschoss, Schnitte 
Welches architektonische Thema war Ihnen besonders wichtig?
Es werden zwei Baukörper vorgeschlagen, die sich einer identischen Sprache bedienen.
Einer horizontalen Gliederung in Sockel und Deckenscheiben in gleicher Materialität mit dazwischen liegenden, umlaufenden Fensterbändern. Alle opaken Außenflächen der Sockel- und Deckenbereiche sollen mit großformatigen Faserzementplatten verkleidet werden. Durch Verkleidung der Deckenuntersichten in den Innenbereichen in gleicher Materialität entstehen fließende Übergänge von Innen nach Außen und eine klar ablesbare, identitätsstiftende Verwandschaft von Schule und Sporthalle.
Der 2-seitig gefasste Schulhof bietet Geborgenheit und (Schall-) Schutz für die Schüler. Das überkragende Obergeschoss schließt den Schulhof optisch ab und sorgt für Regen- und Sonnenschutz in den Pausen. Es entsteht ein interessantes Wechselspiel zwischen der Introvertiertheit des Innenhofes und großzügigen Ausblicken in die Landschaft.
Ansicht Ost, Untergeschoss, Schnitt 
Welche Materialstrategie schlagen Sie vor? Wie sieht Ihr Energiekonzept aus?
Die fensterbänder sind als Hochwärme- und schallgedämmte Pfosten-Riegelfassaden vorgesehen.
Fassadenintegrierte Lamellenstores garantieren den notwendigen sommerlichen Wärmeschutz.
Fließende Übergänge von Innen nach Außen in gleicher Materialität (s.o.). Alle Dachflächen sollen extensiv begrünt werden. Einfache und saubere Fügungen von Fassade und Rohbau garantieren die geforderte Luftdichtheit für ein Passivhaus / Niedrigenergiehaus. Der Innenausbau soll insbesondere durch den Einsatz von einheimischem Holz Atmosphäre und Behaglichkeit vermitteln.
Energie: die Kompaktheit der Baukörpers mit einem sehr guten A/V-Verhältnis von 0,4 (Schule) und 0,32 (Sporthalle), sowie das Zusammenspiel von hochwärmegedämmten Fassaden lassen insgesamt geringe Transmissionswärmeverluste erwarten und ermöglichen somit den geforderten Pasivhaus- / Niedrigenergiestandard. Im Bereich Klassenräume / Innenhof ist über steuerbare Öffnungen in der Fassade eine kontrollierte Nachtlüftung möglich. Betonwände zwischen den Unterrichtsräumen bieten die notwendige Speichermassen.
Detail Fassade 
Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?
Die Fertigstellung ist für Herbst/Winter 2012 geplant.
Modell (Foto: BSMF, Frankfurt/Main) 

Die gesamte Wettbewerbsdokumentation finden Sie in wa 05/2011
Dreizügige Grundschule in Bad Soden am Taunus
Begrenzt offener Wettbewerb mit Bewerbungsverfahren

Jury
Prof. Zvonko Turkali, Vors.
Berthold R. Gall
Norbert Altenkamp
Oliver Bauch
Horst Böhmer
Michael Henninger
Joachim Klie
Adrian Rostek
Prof. Kerstin Schultz

1. Preis
architektei mey
Frankfurt/Main

2. Preis
(se)arch Architekten
Stuttgart

3. Preis
Trojan Trojan + Partner
Darmstadt