Einladende Stätte

Autor:
Peter Petz | Podest
Veröffentlicht am
Juni 6, 2012

gruppeomp gewinnt den Wettbewerb um das Kirchenzentrum Hannover-Süd und stellt sich unseren Fragen zum Wettbewerb.
Blick auf das Kirchenzentrum 
Welche Vorstellung von kirchlicher Gemeinschaft liegt Ihrem Entwurf zugrunde?
Das Gebäude soll die Offenheit und den Zusammenhalt der Gemeinschaft vermitteln und fördern. Es soll eine einladende Stätte sein, ein Gebäude mit einer „offenen Tür“, das Wärme, Gemeinschaft und Spiritualität ausstrahlt - eine Stätte der Sammlung und Ruhe, aber auch der Begegnung. Darüber hinaus soll das Gebäude des Kirchenzentrums als Sakralgebäude wahrgenommen werden.

Das Kirchenzentrum besteht aus der „Kirche“ für den Gottesdienst und dem „Gemeindehaus“ für Aktivitäten außerhalb des Gottesdienstes wie Musikveranstaltungen, Unterrichte, Versammlungen, Seminare. Die Räume im „Gemeindehaus“ sollen neben den Gemeindemitgliedern auch anderen Nutzern zur Verfügung stehen können.

Die besondere Stellung des Kirchensaals wird durch den „Lichtturm“ über dem Altarbereich nach Außen und Innen markiert. Hier fällt Licht aus Ost, Süd, und etwas tiefer aus West, in und durch das Gebäude. Durch die Staffelung des Kirchensaals in drei Höhen - unter der Empore, unter dem Hauptdach und unter dem Lichtturm - entsteht ein vielschichtiger Raum mit Bezug zum menschlichen und übermenschlichen Maßstab.

Das Gemeindehaus liegt neben und hinter dem Kirchensaal und ist transparent, offen und hell. Hier zeigt sich das Gotteshaus als angenehm belebtes Gebäude. Der Weg zum Gebäude führt unter wertvollem Baumbestand über eine Freifläche, dem Kirchplatz, zum Eingangsbereich. Vor der Hauptportaltür wird durch einen Luftbalken im Sinne eines Vestibüls, in Vorbereitung auf die Räume im Inneren der Maßstab relativiert. Man betritt ein Gebäude in dem Gemeinschaft gelebt wird.
Lageplan mit Kirchenzentrum und rechterhand zwei Wohngebäuden 
Wie haben Sie auf den Kontext reagiert?
Wir haben ein heterogen gebautes Umfeld und ein parkähnliches Grundstück vorgefunden. Das Kirchenzentrum fügten in den vorhandenen, parkähnlichen  Baumbestand ein und positionierten es so nah wie möglich an der Garkenburgstraße. Für uns hatte die Alleinstellung des Kirchenzentrums im Zusammenspiel mit dem Baumbestand eine besondere Bedeutung. Der Wohnungsbau sollte sich zurücknehmen, ohne beliebig zu werden.

Die fußläufige Erschließung erfolgt durch den Park - vor allem die Nähe zur Stadtbahnhaltestelle an der Hildesheimer Straße ist hier von Bedeutung. Die motorisierte Erschließung des Grundstücks erfolgt von der östlich angrenzenden Thurnithistraße. Erforderliche Einstellplätze für die Nutzung des Kirchengebäudes und der Wohngebäude werden im Norden oberirdisch auf dem Grundstück angeordnet. Wenn die oberirdischen Stellplätze für den Bedarf nicht ausreichen, kann optional eine Rampe in eine Tiefgarage mit weiteren 30 Stellplätzen geplant werden.
Ansicht Süd und Grundrisse 
Wie organisieren das Ensemble aus Kirche, Gemeindehaus und Wohngebäuden?
Das Gebäudeensemble aus Kirchengebäude und zwei Wohnungsgebäuden gliedert sich von Westen nach Osten in einem städtebaulichen Dreiklang. Die besondere Stellung des Kirchengebäudes wird durch die Heraushebung des Lichtturmes mit einer Höhe von circa 20m unterstrichen.

Die drei geplanten Baukörper fügen sich zwischen den erhaltenswerten und prägenden Baumgruppen auf dem Grundstück ein. Die neue Bebauung tritt teilweise hinter diesen Baumbestand und somit in den Hintergrund des „Kirchenparks“.

Der Kirchplatz vor dem Haupteingang soll sich mit dem vorhandenen Spielplatz verbinden und das Areal zur Hildesheimer Straße öffnen. Die Freiraumplanung um die Wohnkuben stellt sich offen und naturnah dar. Einzelne Flächen werden den Erdgeschossnutzungen zugesprochen, andere für alle Nutzer freigehalten.
Ansichten und Schnitte 
Auf welche Innenraumqualitäten legen Sie großen Wert?
Alle Räume werden entsprechend Ihrer Aufgaben entwickelt und mit besonderen Qualitäten versehen. Besonders ist bei dieser Aufgabe sicherlich der gestalterische und atmosphärische Anspruch an den Kirchensaal, die Bibliothek, der „Raum der Stille“ und die Sakristei. So haben wir beispielsweise die Kirchenfenster des Lichtturms bereits im Wettbewerb in Zusammenarbeit mit der Künstlerin Ele Hermel entworfen. Das Thema der drei Fenster wird an erster Stelle von der Stimmung getragen, die die jeweilige Farbigkeit vermittelt. Die einzelne Farbe tritt sehr unmittelbar auf und kann dem Betrachter eine Stimmung vermitteln, die der Ruhe und Konzentration im Kirchenraum entspricht. Die Farbe wird grafisch gebündelt durch die abstrahiert dargestellten Äste eines Baumes, die zum einen Konkretheit innerhalb der monochromen Farbfläche herstellen, zum anderen und sehr viel wichtigeren Teil die Stabilisierung simulieren wie wir sie von den Bleiverglasungen bei älteren Kirchenfenstern kennen.
Lichtturm 
Welche Materialstrategie schlagen Sie vor?
Das Kirchengebäude und die Wohnungsbauten werden mit Ziegel- und Putzfassaden versehen. Der Lebenszyklus der Häuser kann insbesondere durch die Verwendung von Ziegelfassaden im Vorfeld als äußerst hoch dargelegt werden. Die Fenster sollen als Holz- und Holz-Aluminium -Fenster ausgeführt werden. Im Inneren sollen ebenfalls Ziegel- und Putz, sowie an besonderen Orten Holzlambrien, die Wandflächen bekleiden. Für erforderliche Schallabsorbtionsflächen im Gebäude an Decken und Wänden wird der Einsatz von strukturierten Holzflächen und weißen Holzwolle-Leichtbauplatten in Betracht gezogen. Die Fußböden sollen in Holz und Steinzeug ausgeführt werden. Alle wärmetauschenden Flächen werden energieoptimiert gedämmt. Präferiert werden Materialien, die die Langlebigkeit der Gebäude tragen. Die Nachhaltigkeit der neuen Häuser soll durch Entwurfsaspekte der Dauerhaftigkeit aus Gestaltung, Raum und Material vor dem Einsatz hochtechnischer Komponenten ausgeführt werden.
Detail 
Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?
Die Fertigstellung ist für Ende 2014 geplant.
Modell (Foto: Kiefer + Kiefer, Sarstedt) 

Die komplette Wettbewerbsdokumentation finden Sie in
wa 05/2012
Kirchenzentrum Hannover-Süd
Einladungswettbewerb

Jury
Prof. Gesche Grabenhorst, Vors.
Uwe Bodemann
Jürgen Friedemann
Dirk Hiddessen
Henrike Wehberg-Krafft

1. Preis
gruppeomp Architektengesellschaft
Rastede/Bremen

2. Preis
MOSAIK Architekten
Hannover