Gebäude im Park

Autor:
Peter Petz
Veröffentlicht am
Okt. 5, 2011

Auer+Weber+Assoziierte gewinnen zusammen mit Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten den Wettbewerb um die Neue Mitte am Hochschulcampus Garching. Philipp und Moritz Auer stellen sich unseren Fragen zum Wettbewerb.
Hochschulcampus Garching (Foto: Ernst Graf / TU München) 
Welche Bedeutung hat das Projekt für Garching?
Das Projekt ist für Garching und hier insbesondere für den Hochschul- und Wissenschaftscampus von großer Bedeutung. Der Campus mit Instituten der Technischen Universität München, der Ludwig-Maximilians-Universität, dem Forschungsreaktor und einer Vielzahl anderer Forschungseinrichtungen und Institutionen zählt zu den führenden Zentren für Ausbildung, Wissenschaft und Forschung in Europa. Der Standort verzeichnet ein permanentes Wachstum. Aus diesem Grund mangelt es derzeit sowohl an Hörsälen, Seminarräumen und Büros als auch an gastronomischen Angeboten und an Möglichkeiten der Nahversorgung für die bereits heute rund 20.000 Menschen, die dort täglich lehren, studieren und forschen. Zudem soll ein Angebot an Hotelzimmern und Gästeappartements geschaffen werden.
Das Projekt definiert in Verbindung mit dem bereits fertiggestellten Park im Zentrum des Campus die „Neue Mitte“.
Lageplan 
Wie kamen Sie zur Ausformulierung der Baukörper? Welche Freiraumqualitäten hat Ihr Projekt?
Die wesentliche Herausforderung der Wettbewerbsaufgabe bestand in der Anordnung und Gliederung der erheblichen Baumasse der zu planenden Gebäude der Neuen Mitte auf dem schlanken Nord-Süd-gerichteten Baufeld und der Frage, wie sich die Neue Mitte in ihrer exponierten Lage sowohl zu den großmaßstäblichen Institutsbauten und dem Campuspark im Westen als auch zu den umgebenden, überwiegend kleinmaßstäblicheren Strukturen der Forschungseinrichtungen und dem Wahrzeichen des Hochschulcampus Garching, dem „Atom- Ei“ im Osten in Höhe, Kubatur und äußerem Erscheinungsbild positioniert.
Ziel der Konzeption ist es, die Neue Mitte als prägnantes, eigenständiges bauliches Ensemble zu entwickeln, das in einen spannungsvollen Dialog mit den umgebenden Bebauungen und insbesondere mit dem Freiraum des Parks tritt.
Auf die Ausbildung mehrerer Einzelgebäude haben wir zu Gunsten der angestrebten Vernetzung der einzelnen Funktionsbereiche und der gewünschten städtebaulichen Prägnanz des zentralen Gebäudes des Campus verzichtet. Stattdessen schlagen wir ein zusammenhängendes, ruhiges, aber in Höhe und Tiefe gegliedertes Bebauungsband vor. Die Durchlässigkeit dieses Bandes in Ost-West-Richtung wird durch die Aufnahme der dominanten Wegeachsen des Parks und deren Übernahme und Fortführung in die Gebäudegeometrie in Form von keilförmigen Einschnitten gestärkt, die dem Ensemble insbesondere zum Park im Westen eine entsprechende Maßstäblichkeit verleihen und gleichzeitig die drei Hauptfunktionsbereiche der Neuen Mitte – Hotel, Kongress, Büro – ablesbar machen.
Die Neue Mitte wird nicht als „Gebäude am Park“ sondern als „Gebäude im Park“ konzipiert, indem der Erschließungs- und Freiraum östlich des Bebauungsbandes als Fortführung des Campusparks und nicht als rückwärtiger Straßenraum interpretiert wird, wodurch er an Bedeutung und Qualität als Teil der Neuen Mitte gewinnt.
Gebäude im Park, Audimax, Durchwegung, Erschließung, Adressen 
Welche Nutzungen sind für die Neue Mitte vorgesehen? Wird es für das Projekt einzelne Bauabschnitte geben?
Die neue Mitte gliedert sich in drei große Nutzungseinheiten: Die Büros als „Kopf“ und Auftakt im Norden, das Hörsaal- und Kongresszentrum mit Audimax, Hörsälen und Seminarräumen in der Mitte, das Hotel mit Gästehaus als Abschluss im Süden des Bebauungsbandes.
Im Erdgeschoss sind überwiegend Handels-, Dienstleistungs- und Gastronomienutzungen situiert, vorzugsweise mit Orientierung zum Campuspark. Das erste Untergeschoss beherbergt ebenfalls gastronomische Angebote sowie großflächigeren Einzelhandel. Im zweiten und dritten Untergeschoss befinden sich die Tiefgarage mit circa 500 Stellplätzen sowie Lager und Technikflächen.
Die oben genannten drei Nutzungseinheiten bilden auch eine mögliche Realteilung des Gesamtkomplexes ab. Soweit uns bekannt, sind derzeit keine zeitlich getrennt voneinander zu realisierenden Bauabschnitte geplant, da die drei Gebäudeteile mit Ihren jeweiligen Nutzungen in einem engen funktionalem und räumlichen Zusammenhang stehen, wodurch im Betrieb Synergieeffekte generiert werden können.
Ansichten, Längsschnitt 
Welche Materialstrategie schlagen Sie vor?
Die von uns vorgeschlagene Materialität soll die Bedeutung und Eigenständigkeit des neuen Ensembles sowohl im äußeren Erscheinungsbild als auch in den Innenbereichen unterstreichen. So bilden vertikale, unterschiedlich gefaltete und in Teilen perforierte metallische „Lisenen“ vor geschlossenen Fassadenbereichen im Wechsel mit schlanken raumhohen Fenstern eine Gebäudehülle im Sinne einer sich subtil plastisch verändernden und optisch changierenden Struktur, die die Länge des Gebäudes rhythmisiert und relativiert. Der Baukörper des Kongresszentrums wird durch die Verdichtung der vertikalen Lineatur im Kontrast zu den großen „Schaufenstern“ des Auditoriums und des Foyers als besonderer Baustein innerhalb des Ensembles und des Campus herausgestellt.
Im Inneren charakterisieren überwiegend „ehrliche“, unempfindliche und damit wartungsarme Materialien und Oberflächen das Erscheinungsbild. Je nach Nutzung schaffen sichtbare Betonoberflächen im Zusammenspiel mit weißen oder silbrig- grauen Ausbauelementen sowie Holz- und Glasflächen ein Ambiente im Sinne nobler Zurückhaltung.
Deckenuntersichten bleiben bis auf notwendige Einbauten für Technik und Raumakustik weitgehend unverkleidet. Als Bodenbelag schlagen wir in den allgemeinen Bereichen sowie den Erschließungs- und Kommunikationszonen Terrazzo oder Naturstein vor. Die Böden der Büros, Läden und Gastronomieeinrichtungen erhalten ihren jeweiligen Anforderungen entsprechende Bodenbeläge, bzw. Beschichtungen. Die Zimmerebenen des Hotels und des Gästehauses werden mit textilen Bodenbelägen ausgestattet.
Detail 
Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?
Die Stadt Garching und die Nutzer erhoffen sich auf Grund des dringenden Bedarfs die schnellstmögliche Realisierung des Projekts. Nach Aussagen der Projektgesellschaft werden Fertigstellung und Bezug der Neuen Mitte für 2014 angestrebt.
Modell (Foto: Steinlein . Werbeagentur GmbH, Wörthsee) 

Die komplette Wettbewerbsdokumentation finden Sie in
wa 10/2011
Neue Mitte am Hochschulcampus Garching
Einladungswettbewerb

Jury
Josef-Peter Meier-Scupin, Vors.
Prof. Theodor Hugues
Prof. Hilde Léon
Prof. Peter Pfab

1. Preis
Auer+Weber+Assoziierte
München
Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten
München

2. Preis
Nickl & Partner
München

3. Preis
staab Architekten
Berlin