2 Bibliotheken – 1 Haus

Autor:
Peter Petz
Veröffentlicht am
Okt. 26, 2010

ReimarHerbst.Architekten, Reimar Herbst / Angelika Kunkler, gewinnen den Wettbewerb um die Gemeinsame Bibliothek der Fachhochschule & Universität Osnabrück in Osnabrück. Reimar Herbst und Angelika Kunkler stellen sich unseren Fragen zum Wettbewerb.
Lageplan 
Welche Bedeutung hat der Wettbewerb für die Osnabrücker Hochschulen?
Der Standort der neuen Bibliothek in der ehemaligen Von-Stein-Kaserne hat eine besondere städtebauliche, funktionale und gestalterische Bedeutung für das nördliche Entree zum Hochschul-Campus und die Zusammenlegung der Bibliotheken von Universität und Fachhochschule in einem zentralen Neubau. Wir haben einen Neu­bau entworfen, der die bau­li­che Kan­te zum Barbaraplatz for­mu­liert und da­durch den städtischen Raum als gemeinsame Adresse für die neue Bibliothek und den gesamten Hochschul-Campus defi­niert. Hochschul-Campus und Bibliothek werden besser mit der städtischen Nachbarschaft vernetzt.
Körper, Raum, Transparenz 
Wie verbinden Sie Baukörper und Freiraum?
Die Ver­knüp­fung der Freiräu­me durch den Baukörper er­öff­net Blick­- und Wegebe­zie­hun­gen aus dem Gebäude in ty­po­lo­gisch dif­fe­ren­zier­te Frei­räu­me. Die neue Bi­blio­thek ist ein ein­fa­cher und klar gegliederter Bau­kör­per. Er reagiert mit Fassadenrücksprüngen auf die Anforderungen der unterschiedlichen Freiräume. Die Räu­me des städtischen Barbaraplatzes, des Forums auf dem Hochschul-Campus und der bibliotheksinternen Gartenhöfe haben wir entsprechend ihrer räumlich-funktionalen Qualität definiert und vernetzt. Der Ein­gang in die Bibliothek erfolgt von drei Seiten über gedeckte Vorbereiche in ein großes Foyer - dem zentralen Ort zwischen den öffentlichen und den geschützten, bibliotheksinternen Bereichen. Es signalisiert Offenheit, Lebendigkeit und eigene Identität. Im Gebäudeinneren bietet der großzügige Eingangsbereich zusammen mit den gebäudehohen Gartenhöfen in dem ruhigen Baukörper den Bibliotheksbenutzern eine eindeutige Orientierung und Zonen unterschiedlicher räumlicher Qualität.
Blick auf den Haupteingang 
Wie organisieren Sie die Bibliothek?
Für die Organisation von zwei eigenständig funktionierenden Bibliothekseinheiten in einem Haus haben wir ein Konzept einer räumlichen Zonierung in flexibel mitein­ander verknüpfte Gebäudebausteine entwickelt. Der vier­ge­scho­ßi­ge Neu­bau um­schließt zwei Gartenhöfe zu denen sich al­le Bi­blio­theks­be­rei­che öff­nen. Über ein gemeinsames Sockelgeschoss und dem „Verbinder“ zwischen den Gartenhöfen in werden die Häuser formal und funktional jedem Geschoss zu einer Bibliothekseinheit verbunden. Das gewählte Gebäu­deraster und Tragsystem ermög­licht flexible Nutzungs­mög­lich­keiten unter Ausnutzung gewünschter Synergieeffekte und eine Anpassung an geänderte Benutzungskonzepte für beide Bibliotheksstrukturen.
Bausteine, Leseterrassen, Sonnenschutz 
Welches architektonische Thema war Ihnen besonders wichtig?
Der vier­ge­scho­ßi­ge Neu­bau wird als Schale aufgefaßt: er um­schließt zwei Gartenhöfe. Al­le Bi­blio­theks­be­rei­che öff­nen sich über ho­he Glasflächen zu diesen innenliegenden, ru­hi­gen Höfen. Eine hohe Qualität werden die beiden, zu den Gartenhöfen orientierten, gestaffelten Leseterrassen bieten. Die Gärten sind die ge­mein­sa­men Räume in ei­nem offe­nen und transparen­ten Neu­bau. Die Or­ga­ni­sa­tion der Bi­blio­thek ist von die­ser Idee be­stimmt.
Ergeschoss, Ansicht Nord 
Welche Besonderheiten hinsichtlich Konstruktion und Materialien zeichnen Ihren Vorschlag aus?
Un­ser Vor­schlag für die Bibliothek folgt der Ty­po­lo­gie des Bü­cher­re­gals, der Bü­cher und der dar­in ent­hal­te­nen Text­zei­len. Ent­spre­chend er­gibt sich ei­ne Fas­sa­den­ge­stal­tung in­ der die großen, stehenden Öffnungen abwechselnd transparent, transluzent und opak gefüllt wer­den.
Die Außenfassaden sollen mit unterschiedlich hellen, lebhaft gemischten Ziegel­steinen bekleidet werden. Die Fassadenöffnungen werden durch senkrechte Klinkerfaschen strukturiert. In die Faschenleibungen werden Lüftungsklappen integriert, über welche die Innenräume natürlich belüftet werden können. Entsprechend der Himmelsrichtung variieren die Fassadentiefen und ermöglichen durch einseitig zwei- bzw. dreifach zurückspringende Klinkerfaschen eine Selbstverschattung der Fensteröffnungen bei gleichzeitiger natürlicher Belichtung.
Detail 
Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?
Nein
Modell von Nord-Ost (Foto: photoprop) 

Die gesamte Wettbewerbsdokumentation finden Sie in wa 11/2010
Gemeinsame Bibliothek der Fachhochschule & Universität Osnabrück
Begrenzt offener Wettbewerb mit Bewerbungsverfahren

Jury
Prof. Carl Fingerhuth, Vors.
Prof. Dörte Gatermann
Richard-Wilhelm Bitter
Wolfgang Griesert
Doris Nordmann
Christel Tesch
Prof. Dr. Claus Rollinger
Prof. Dr. Erhard Mielenhausen
Dr. Klaus-Ullrich Werner


1. Preis
ReimarHerbst.Architekten
Reimar Herbst / Angelika Kunkler
Berlin

2. Preis
ATELIER 30 Architekten GmbH
Kassel

3. Preis
Henning Larsen Architects
Kopenhagen