CitySpaces

Autor:
Peter Petz
Veröffentlicht am
Dez. 21, 2010

Ulmer TM Architekten gewinnen den Wettbewerb um den Temporären, mobilen und multifunktionalen Ausstellungsraum “Deutschland und Indien 2011-2012“. Jan Ulmer stellt sich unseren Fragen zum Wettbewerb.
Marktplatz 
An wechen Orten und zu welchem Anlass soll der mobile Ausstellungsraum errichtet werden?
Der Ausstellungsraum wird in sieben indischen Metropolen Halt machen: Delhi, Mumbai, Kalkutta, Bangalore, Chennai, Pune und Hyderabad. Er ist das jeweils zweiwöchige Highlight der Veranstaltungen zum Deutschlandjahr in Indien. Dieses wird von Herbst 2011 bis Herbst 2012 stattfinden.

Die Präsentation Deutschlands und deutsch-indischer Kooperationen wird die Bereiche Politik, Wirtschaft, Wissenschaft / Bildung und Kultur umfassen. Die Programme und Projekte richten sich vor allem an Indiens junge, urbane, gebildete englischsprachige Bevölkerung. Unter dem Thema “StadtRäume - CitySpaces” soll das Deutschlandjahr einen direkten Bezug zum rasanten urbanen Wandel in Indien schaffen.
Ausstellungsraum bei Nacht 
Wie haben Sie die Wettbewerbsaufgabe interpretiert?
Das übergeordnete Thema “StadtRäume - CitySpaces” aufgreifend, haben wir eine Struktur entwickelt, welche im Prinzip wie eine kleine Stadt funktioniert. Unter dem gemeinsamen Dach entsteht ein Gefüge von öffentlichen Räumen und spezifischen Ausstellungsräumen. Gassen, Straßen und Plätze laden zum Entdecken und Verweilen ein und ermöglichen immer wieder neue Perspektiven auf die Umgebung. Mit minimalen Mitteln wird eine maximale räumliche Vielfalt erzeugt. Die offene Struktur ist von allen Seiten zugänglich. Je nach Aufstellort des Pavillons ergibt sich eine neue, an die Situation angepasste äußere Konfiguration und innere Konstellation.
Äußere Konfiguration, Innere Konstellation 
Welche Themen werden wie ausgestellt?
Es gibt zwei Kategorien von Präsentationsräumen: Vier zentrale Module wie Veranstaltungsraum, Konferenzraum, Ausstellungsraum und VIP- Raum und so genannte Partnermodule, also Showrooms für die unterschiedlichen Projektpartner. Die Inhalte der jeweiligen Präsentationen sind noch nicht festgelegt.

Wir entwickeln gerade unterschiedliche Konstellationen der Präsentationsräume. Dabei ist die Herangehensweise ähnlich wie bei einer städtebaulichen Aufgabe. Es entstehen Varianten wie „Achse“, „Agora“ oder „Peripherie“ und es geht um das Verhältnis Zentrale Module/ Partnermodule wie auch um die Vernetzung über die Zwischenräume. Als Display sind die eingeschriebenen Module ambivalent: ihr Inneres dient der spezifischen Projektpräsentation, ihre Außenwände sind Informationsträger für übergeordnete Ausstellungen.

Die Erschließung der einzelnen Module kann sowohl direkt von Außen als auch en suite von Raum zu Raum erfolgen. Der Besucher wählt seinen eigenen Parcours in der offenen Struktur.
Grundriss 
Welches gestalterische Thema war Ihnen besonders wichtig?
Es sind drei Themen, die den Entwurf hauptsächlich prägen: Das eine ist der strukturelle Ansatz, welcher wechselnde Konfigurationen des Pavillons ermöglicht. Das zweite ist der Parcours: der Veranstaltungsort als offene Raumabfolge im Wechsel zwischen Licht und Schatten, Körper und Raum, Innen und Außen. Blickachsen und Wegräume verknüpfen die unterschiedlichen Situationen innerhalb des Pavillons. Und als Drittes das Thema der Verortung: Das prägnante Dach und der relativ hohe Sockel spannen einen Zwischenraum auf, der dann unterschiedlich bespielt wird.
Zwischenraum 
Welche Besonderheiten hinsichtlich Konstruktion und Material zeichnen Ihren Vorschlag aus?
Der architektonische Ausdruck lebt vom Gegensatz zwischen dem massiven, prägnanten (Holz-) Tragwerk und der Leichtigkeit und Transluzenz der eingeschriebenen Kuben.

Das Tragsystem des gemeinsamen Daches funktioniert nach dem Prinzip eines Hebelstabwerks. Es besteht aus gleich bleibenden Holzquerschnitten mit einer Länge von 420cm, die als ausgeklinkte Träger mit b/h=10/40cm ausgebildet werden.
Vier Stäbe liegen so aufeinander, dass ein Stab auf zwei anderen lagert und wechselseitig einem anderen Stab als Auflager dient. Der räumliche Übergriff der Stäbe bewirkt eine gegenseitige Einspannung und damit die Möglichkeit, größere Spannweiten zu realisieren.
Auf der Bildebene erinnert das Tragwerk an ein eingefrorenes Gewebe.

Die Wände der Ausstellungsboxen werden durch eingespannte Gewebe ausgebildet. Diese sind transluzent und bedruckbar. Die großflächigen Displays werden nachts indirekt beleuchtet. Durch den mehrschichtigen Wandaufbau lassen sich unterschiedliche Transparenzen herstellen. Als lokales, traditionelles Material wird u.a. Jute verwendet. Jute wird insbesondere im Gangesdelta angebaut und ist vollständig biologisch abbaubar.

Die Verwendung von Gewebe als Material für die Ausstellungsboxen erlaubt innerhalb der besonderen Transportvorgaben größtmögliche, fugenlose Wandflächen. Diese stehen im Gegensatz zur kleinteiligen Elementierung des Tragwerks.

Wie die Wände sind auch die außen liegenden Stützen mit transluzentem Gewebe bespannt. Durch Bedrucken oder Rückprojektion werden auch diese Bauteile zum Display.
Konstruktion 

Die gesamte Wettbewerbsdokumentation finden Sie in wa 01/2011
Deutschland und Indien 2011-2012
Temporärer, mobiler und multifunktionaler Ausstellungsraum
Offener, zweiphasiger Realisierungswettbewerb

Jury
Prof. Sophie Wolfrum, Vors.
Prof. Hilde Léon
Prof. Ulla Luther
Prof. K.T. Ravindran
Lars Krückeberg
Helga Schmidt Thomsen


1. Preis
Ulmer TM Architekten
Berlin

2. Preis
wxystudio
New York

3. Preis
one fine day : office for architectural design
Düsseldorf