Sakrale Bauten profan genutzt?

Klöster, Kirchen, Kapellen und Pfarrhäuser sind kennzeichnende Bauten in unseren Orten, in unserer Landschaft. Welche Bedeutung haben diese Räume heute, da die Säkularisierung der Gesellschaft voranschreitet?  Viele Sakralbauten dienen nicht mehr ihrem ursprünglichen Zweck und bleiben ungenutzt. Es stellt sich die Frage, welche zukunftsweisenden Strategien neues Leben in leere Religionsräume bringen können. Der steigende Leerstand von Kirchen ist ein gesamteuropäisches Phänomen; besonders ausgeprägt in England oder in den Niederlanden, wo durchschnittlich zwei Kirchen pro Woche schließen. Sakralbauten werden hier zum Feld der Immobilienverwertung – beherbergen nun Wohnungen, Fitnesscenter, Bankfilialen. Auf der anderen Seite liegen allein in Neapel (Italien) 75 Kirchen brach und sind dem Verfall preisgegeben. 

Es gibt jedoch auch Bestrebungen und Initiativen den Sakralbestand angemessen nachzunutzen: In Köln wurde die ehemalige Lutherkirche zur Kulturkirche Köln. Die evangelische Jacobi-Kirche im historischen Stadtkern von Lippstadt dient als Gotteshaus ebenso wie als Veranstaltungszentrum für Konzerte, Vorträge, Lesungen und Ausstellungen. Im französischen Bordeaux beheimatet die (bereits seit der französischen Revolution profanisierte) Église Saint-Simeon das „Utopia“, ein überaus beliebtes Programmkino und Begegnungszentrum. In der ehemaligen Dominikanerkirche in Maastricht wurde eine Buchhandlung eingerichtet. Auch in Niederösterreich gibt es mit der (ebenfalls bereits seit 1790 säkularisierten) Minoritenkirche Stein ein gelungenes Beispiel von Neunutzung. 

Dieser Programmabend geht der Frage nach, ob der Leerstand sakraler Bauten auch in Österreich und vor allem in Niederösterreich ein Thema ist und möchte klären, wie offen man hierzulande seitens der EntscheidungsträgerInnen aus Kirche, Denkmalpflege und Öffentlichkeit damit umgeht. Kann Sakralraum Stadtraum sein, wie es die österreichischen Gestalterinnen Amanda Augustin und Lorena Höllrigl postulieren? Der Veranstaltungsort, die ehemalige Synagoge der vernichteten und vertriebenen jüdischen Gemeinde St. Pöltens, deren Abriss in den 1970er Jahren mangels Nutzung knapp bevorstand, zeigt, wie wesentlich der Erhalt derartiger Räume ist.

Kathedrale St. Marien in Tokio, Architektur: Kenzo Tange – © Thibaud Poirier