Ein Kindheitstraum wird wahr

noa* network of architecture
12. July 2019
Foto: Alex Filz
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Das Besondere war die Gestaltung des Innenraums und der Dialog mit der Außenschale, der Architektur. Das Innere wird durch die nach außen sichtbare Konstruktion bestimmt. Die Architektursprache respektiert den Genius Loci, während das Innere des Gebäudes einer modernen Raumgestaltung folgt. Das Konzept beruht auf mehreren Kuben und den Freiräumen dazwischen. Das Vorbild dafür war die Piazza. Die privaten Bereiche, wie Schlafzimmer, Bäder oder die Sauna befinden sich in abgeschlossenen und mit Tapeten beklebten Kuben. Der übrige Raum bleibt frei und wird nicht durch Wände begrenzt.

Die verschiedenen Schlafzimmer sind auf unterschiedlichen Ebenen oberhalb des Wohn- und Essbereichs mit der Holzkonstruktion verbunden. Aus diesem Raumgefüge ergeben sich interessante und spannende Blickbeziehungen. Licht gelangt von allen Seiten ins Gebäude und durchdringen die Zwischenräume der Kuben. Um beim Bild der Piazza zu bleiben: Es entwickelt ein sich ein Dialog zwischen »öffentlichem« und »privatem« Raum.

Foto: Alex Filz
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?

Ich bin am Dorfrand von Seis aufgewachsen. Meine Nachbarn sind Bauern, die Viehzucht betreiben. Wenn ich mich zurückversetze in meine Kindheit, gab es nichts Schöneres als einen Sprung ins frische und weiche Heu. Diese Erinnerung wurde zum Leitfaden und zur Inspiration des Entwurfes.

Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?

Maßgeblich für den Entwurf ist die Bauweise der ortstypischen Bauernhäuser mit einem Futterhaus in Holzrahmenbauweise und einem Sockel aus Stein. Die neu geschaffene Architektur korrespondiert mit dem Ort. Über dem Sockel aus Stein thront ein dreigeschossiger Leichtbau aus Holz. Das dreidimensionale Raumfachwerk übernimmt die statische Funktion. Gezielt positionierte Öffnungen an allen 5 Fassadenseiten des Gebäudes sind Ausdruck des dynamischen Dialogs mit seiner Umgebung.

Foto: Alex Filz
Gab es bedeutende Projektänderungen vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk?

Ich selbst bin der Bauherr. Nachdem die Grundidee also stand, wurde das Projekt nicht mehr wesentlich verändert, sondern vielmehr konstant optimiert und verbessert. Die ersten Ideen rund um das Haus sind im Jahr 2012 entstanden. 2017 sind wir eingezogen. Die ganze Zwischenzeit über habe ich mich kontinuierlich mit dem Projekt beschäftigt.

Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten des Büros ein?

All unsere Bauten verbindet die Auseinandersetzung – je in ganz eigener, spezifischer Art und Weise – mit dem Genius Loci.

Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?

Ich denke nicht, dass mich eine spezielle Tendenz beeinflusst hat. Vielmehr waren ein ständiges Nachdenken und Reflektieren für den Entwurf prägend. Ich habe in den Spannungsfeldern zwischen Tradition und Innovation, zwischen alpinem und mediterranem Bauen navigiert.

Foto: Alex Filz
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?

Neben den traditionellen Materialien Holz und Stein wurden für das Haus auch andere, moderne Baustoffe – zum Teil in Verbindung mediterranem Design – verwendet. Der Kunstharzboden, der im Erdgeschoss eine optische Einheit schafft, wechselt sich mit dem gebrannten Ton der meerblauen Fliesen ab, die auch für die Verkleidung der Küchenzeile verwendet wurden. Das Messing setzt helle und warme Akzente in der Einrichtung und entlang der Arbeitsplatte mit Kochfeld. Die Treppe aus geschmiedetem Eisen erinnert an traditionelle arabische Fenstergitter und generiert für eine alpine Architektur ungewöhnliche Lichtspiele.

Situationsplan
Grundriss Erdgeschoss
Grundriss 1. Obergeschoss
Grundriss 2. Obergeschoss
Grundriss 3. Obergeschoss
Schnitt A
Schnitt B
Name des Bauwerks Messner Haus
Nutzung Wohnhaus
Ort Seis am Schlern
Auftragsart privat
Architektur noa* network of architecture, Bozen und Berlin: Stefan Rier
Fachplaner Statik: iPM Ingenieurbüro, Bruneck | HLS-Planung: Jud & Partner – Energy & Consulting, Olang | Elektroplanung: Erich Muschlechner, St. Vigil
Maßgeblich beteiligte Unternehmen Baumeister: Ramoserbau, Klobenstein | Geologe: Nicolussi Hermann, Seis am Schlern | Hydrauliker: Saniware KG, Seis am Schlern | Elektroinstallateur: Elektro Nicolussi KG, Seis am Schlern | Zimmermann: Brida | Fenster: Tip Top Fenster GmbH, Mühlbach
Jahr der Fertigstellung 2017
Fotos Alex Filz

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