Jahresrückblick 2017

Architekten, Gebäude, Diskussionen

Carsten Sauerbrei
28. December 2017
Die Eröffnung der Elbphilharmonie wurde mit Konzerten am 11. und 12. Januar gefeiert. (Bild: Alexander Svensson / CC BY 2.0)

Einige Debatten, die auch schon 2016 die öffentliche Wahrnehmung von Architektur und Bauen in Deutschland prägten, setzten sich 2017 ununterbrochen fort, so zum Beispiel die Frage, wie die dringend benötigten preisgünstigen Wohnungen in Deutschland geschaffen werden können oder wie die ebenfalls dringend notwendige Verringerung des CO2-Verbrauchs im Gebäudebestand erreicht werden soll. Abgesehen von diesem öffentlichen Blick beschäftigen deutsche Architekten im letzten Jahr auch berufsinterne Fragen, wie die nach der Zukunft der HOAI angesichts der Klage gegen diese vor dem EuGH oder die nach dem Umgang mit der zunehmenden Anzahl von «grauen Wettbewerben und Vergabeverfahren».

Die Anfang 2017 fertig gestellte Parkplatzüberbauung Dantebad ist nur eines von mehreren Projekten des bemerkenswerten, kommunalen Wohnungsbauprogramms in München. (Bild: GEWOFAG/Roland Weegen)

Wichtige Impulse, wie schnell, preisgünstig und dennoch mit hoher Architekturqualität Wohnungen gebaut werden können, kamen wie auch schon 2016 aus München, so zum Beispiel mit der Parkplatzüberbauung Dantebad. In Berlin setzte 2017 die Tiny-House-University ihre Arbeit mit dem Bauhaus-Campus, einem Dorf aus Mini-Häusern fort, die auf dem Gelände des Bauhaus-Museums nicht nur vorgestellt, sondern auch bis März 2018 noch zur Probe bewohnt werden. Das seriell-modulare Bauen und Vorfertigung waren ebenfalls, wie schon 2016 viel diskutierte Themen im letzten Jahr. In Bremen entstand dazu ein bemerkenswertes Pilotprojekt seriellen Bauens, der zeigt, dass dabei auf eine hohe Architekturqualität nicht verzichtet werden muss.

Eine ganze Reihe von Neu- und Umbauten von Konzerthäusern und -sälen wie hier bei der Deutschen Staatsoper in Berlin prägten die Architektur-Schlagzeilen 2017 entscheidend. (Bild: Gordon Welters/Staatsoper Berlin)

Blickt man auf die Fertigstellungen und Wettbewerbsergebnisse 2017 zurück, fällt auf, wie stark mit der Eröffnung der Hamburger Elbphilharmonie, der Sanierung der Deutschen Staatsoper und dem Neubau des Pierre-Boulez-Saals der Barenboim-Said-Akademie in Berlin sowie dem Umbau des Kulturpalastes in Dresden und der Bekanntgabe der Preisträger im politisch hoch aufgeladenen Wettbewerb zum Münchner Konzerthausneubau die Architekturschlagzeilen im letzten Jahr durch neue oder erneuerte Konzertsäle dominiert wurden. Andere, ebenfalls öffentlichkeitswirksame und überregional bedeutsame Projekte wie die Wieder- bzw. Neueröffnung der Kunstmuseen in Saarbrücken und Mannheim oder die Einweihung des Gebetssaals der neuen Kölner Zentralmoschee hatten es da schwerer, wahrgenommen zu werden.

Der Brand des Londoner Grenfell-Towers am 14. Juni 2017 kostete 71 Menschen das Leben. (Bild: Natalie Oxford / CC BY 4.0)

Politik und Politikversagen waren ebenfalls wichtige Themen im vergangenen Jahr. In den USA war es die von US-Präsident Trump versprochene Mauer an der Grenze zu Mexiko, die ein deutsch-amerikanisches Architekturbüro zu ihrer subversiv-kreativen Kunstaktion Kunstaktion #altWall und der nicht ganz ernst gemeinten Bewerbung um den Bau der ersten Probemodelle inspirierte. Wesentlich ernsthaftere, ja tödliche Konsequenzen hatte dagegen das Politik- und Planerversagen beim Fassadenbrand des Londoner Grenfell-Towers, bei dem ungeeignetes Wärmedämmmaterial 71 Menschen das Leben kostete. Weniger tödlich und dennoch gravierend fallen in Deutschland die Konsequenzen für die wieder einmal, diesmal auf 2020 verschobene Eröffnung des Berliner Großflughafens BER und die erneute Kostensteigerung um eine Milliarde Euro beim Bahnprojekt Stuttgart 21 aus.

Albert Speer, 1934 in Berlin geboren, verstarb am 15. September 2017 im Alter von 83 Jahren in Frankfurt am Main. (Bild: Robert Fischer)

Die Frage nach den Architekten des Jahres 2017 ist kaum eindeutig zu beantworten. Die Schweizer Jacques Herzog und Pierre de Meuron waren mit ihrer neuen Elbphilharmonie und den Diskussionen um den Entwurf zum Berliner «Museum des 20. Jahrhunderts» Lieblingsgesprächsstoff deutscher Architektur- und Kunstkritiker. David Chipperfield rief in München Kritiker mit seinen Umbauplänen für das «Haus der Kunst» auf den Plan. Weniger medienwirksame und dennoch nicht minder wichtige Architektur-Beiträge kamen wie in den vergangenen Jahren auch 2017 aus dem Büro des Stuttgarter Ingenieurs und Architekten Werner Sobek mit einem modularen Niedrigstenergie-Wohnungsbausystem oder auch der Beteiligung an der Planung des Louvre Abu Dhabi. Der größte Verlust für die deutsche Architektur und Stadtplanung im Jahr 2017 war sicherlich der Tod des Frankfurter Städtebauers Albert Speer. Wer und was 2018 genau die Architektur-Schlagzeilen bestimmen wird, wissen wir nicht. Dass es spannend bleibt und dass wir Sie in unseren Meldungen darüber informieren werden, das ist jedoch gewiss.