Zum Tod von Eduard Ladner

Ulf Meyer
4. May 2023
Foto: Jessica Nigg
Liechtensteins erster moderner Kirchenbau

In der protestantisch geprägten Deutschschweiz war es in den 1950er-Jahren gewiss nicht einfach, als junger, sehr katholischer Architekt eine Karriere als Gestalter von Sakralbauten zu beginnen. Doch Eduard Ladner ist dies gegen alle Widerstände gelungen. Schon am 19. März dieses Jahres ist er im Alter von 94 Jahren verstorben. Bekannt wurde er für seine Pfarrkirche St. Maria Immaculata (Pfarrkirche zum Unbefleckten Herzen Mariä) in Schellenberg in Liechtenstein, die 1963 geweiht wurde. Sie war die erste moderne Kirche in dem Kleinstaat und überdies das Resultat des ersten internationalen Architekturwettbewerbs für einen solchen Bau im Fürstentum. Die Kirche steht seit 1992 unter Denkmalschutz.

Obgleich die Bauarbeiten bereits 1960 aufgenommen wurden, wurde Ladners Kirche schon im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils gestaltet, das am 11. Oktober 1962 begann un unter anderem eine neue liturgische Ordnung für Kirchenräume vorsah. Das Bauwerk gilt deshalb als Wegmarke der modernen Architektur – und das weit über Liechtenstein hinaus. 

Ladner war erst 29 Jahre alt, als er den Wettbewerb im Jahr 1958 gewann. In der Jury sassen mit Rudolf Schwarz (1897–1961) aus Köln und Fritz Metzger (1898–1973) aus Zürich zwei der damals bekanntesten und renommiertesten Kirchenbauer des deutschen Sprachraums. Für die Innenausstattung konnte Ladner Künstler wie Georg Malin (Marmoraltar), Rico Galizia (Madonnenskulptur) und Fritz Weigner (Kirchenfenster) gewinnen. 

Studium in Winterthur und Förderung durch Ernst Gisel

Ladner hatte von 1950 bis 1953 in Winterthur Architektur studiert und als Mitarbeiter des berühmten Schweizer Kirchenbaumeisters Ernst Gisel (1922–2021) seine Karriere begonnen. Gisel baute damals das Schulzentrum Mühleholz in Liechtenstein, das noch heute beeindruckt. Sechs Jahre nach seinem Diplom machte sich Ladner in Wildhaus im Obertoggenburg selbstständig. 1972 verlegte er sein Büro dann nach Oberschan.

Ladners Œuvre umfasst kirchliche Um- und Neubauten in Liechtenstein, der Schweiz, Österreich und auch im fernen Burkina Faso; hinzu kommen mehrere Wohnhäuser im Rheintal. Die Pfarrkirche von Schellenberg, der 1976 der Bau einer Friedhofskapelle im selben Ort folgte, blieb jedoch sein Hauptwerk. Die Renovation der Pfarrkirche St. Laurentius in Schaan (1978), seine Entwürfe für die Kirche Langnau am Albis und verschiedene öffentliche Gebäude sowie seine städtebaulichen Planungen, zum Beispiel für das Regierungsviertel in Vaduz in den 1990er-Jahren, erreichten nicht dieselbe Bekanntheit.

Architektur, Glaube, Demut

Der gebürtige Österreicher war in Adliswil aufgewachsen. Im Laufe seiner Lehre als Hochbauzeichner im Architekturbüro Haefeli Moser Steiger reifte bei ihm der Wunsch, selbst Architekt zu werden. Ladner wollte einen architektonischen Ausdruck für seinen Glauben finden: «Bei der Beurteilung einer Kirche sollte man darauf achten, für wen und in welchem Umfeld diese gebaut wurde, wie sie das festliche Mysterium des Daseins und doch immer erneuten Kommens Gottes in seine Gemeinde – in diese Welt – mitzutragen und darzustellen vermag», sagte er einmal.

Die in Backstein, Beton und Kalkstein erbaute Kirche St. Maria Immaculata ist aussen grob verputzt. Sie besteht aus einer Vorhalle, einem grossen Kirchenraum unter einem Walmdach sowie einem freistehenden Glockenturm. Den Innenraum liess Ladner, wie eingangs angedeutet, künstlerisch ausstatten. Kritiker beschrieben seine Kirche schliesslich als «imposant und dennoch voller Demut und Bescheidenheit». 

Stets entwarf Ladner nach einem einfachen, kraftvollen Grundsatz: «Das Passende zu finden, ist Hauptaufgabe eines Architekten – und zwar passend für andere.» Es war ihm auch bei Projekten fern der Heimat – er entwarf in den 1960er-Jahren in Afrika Bauten aus Laterit – ein Anliegen, «das Wohlergehen der Mitwelt zu vermehren». Auch wenn Ladner nicht annähernd die Bedeutung seiner Mentoren im Kirchenbau der Nachkriegszeit erlangte, so ist sein Hauptwerk in Liechtenstein doch zu Recht in die Baugeschichte als ein Pionierbau der modernen Sakralarchitektur eingegangen.

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