Digitale Kunst im Bunker

Katinka Corts
26. junio 2020
»peindre la musique«, Ausstellung zu Paul Klee (Foto © Culturespaces / Anaka Photographie)

Zu Zeiten der deutschen Besetzung Frankreichs wurden für die Kriegsmarine insgesamt sechs große Bunkeranlagen für U-Boote entlang der französischen Küste gebaut. Eine davon entstand ab 1941 in Bordeaux, die Anlage wurde zur Wartung von bis zu 15 U-Booten gleichzeitig genutzt. Im Krieg kaum beschädigt, zeigte sich anschließend, dass der Stahlbetonbau mit seinen bis zu fünfeinhalb Meter starken Decken nicht abgerissen werden kann. Statt durch die Marine werden etwa ein Drittel der Anlagen seit über zehn Jahren als Kulturzentrum für Ausstellungen und Veranstaltungen genutzt. Der private Kulturveranstalter Culturespaces bespielt nun vier der Boxen mit multimedialen Ausstellungen zu Gustav Klimt und Paul Klee unter dem Titel »Bassins de Lumières«. Die prächtigen Farb- und Lichtinstallationen, für die ausgewählte Bilder ganz oder in Teilen an die Wände projiziert werden und sich auf dem Wasser spiegeln, füllen die Räume mit Leichtigkeit und Glanz, was teilweise ins Groteske abgleitet. Einige der Bilder werden für die Darstellung seziert, Details vervielfältigt und zueinander gestellt. Im Raum wird das so manchen mit euphorischen Glücksgefühlen beseelen, ob es aber der Kunst und den einzelnen Werken dient, ist fraglich. Weder die realen Dimensionen der Werke noch deren echte Farbigkeit und Wirkung können so vermittelt werden, wenn vermeintlich fachunkundige Besucher*innen in einer Dreiviertelstunde einen Rundumschlag zu einzelnen Künstlern erhalten.

»d'or et de couleur«, Ausstellung zu Gustav Klimt (Foto © Culturespaces / Anaka Photographie)
»Nach dem Atelier des Lumières in Paris freuen wir uns, dieses riesige digitale Kunstzentrum für die Stadt Bordeaux zu schaffen. Die Bassins de Lumières bieten unvergessliche visuelle und akustische Erlebnisse in einem außergewöhnlichen Raum, in dem Kultur für alle Zuschauer offen ist.«

Bruno Monnier, Culturespaces

Die Wirkung im Bunker, zusammen mit der eingespielten Musik, ist sicher atemberaubend. Und es lässt vermuten, dass sich so auch »kunstferne« Gäste der Malerei öffnen können. Aber sagen wir es so: Ich war auch schon mal in einer vergleichbaren Schau, damals wechselten sich van Gogh und Hundertwasser ab. Man konnte im Raum stehen und die Bilder um sich herum fließen lassen, oder auf Stühlen oder Kissen sitzend die vorbeiströmenden Bilder konsumieren – beziehungsweise Schnipsel der Bilder, neu kombiniert, gestapelt und verdreht. Für Kinder ist das lustig. Das schafft eine veränderte Realität, die Wände des Raumes verlieren sich, fast wähnt man sich in anderen Welten. Ob diese virtuelle Realität jedoch einen der Besucher wirklich an die Werke Klees, van Goghs oder Klimts heranführt, ob also das erklärte Konzept der Veranstalter funktioniert, bleibt fraglich. Die Bilder werden wohl vielmehr zum Schmuck, den der Eine oder die Andere schon mal gesehen hat und deswegen in die Bilderschau geht. Für unbekannte immersive Kunstinstallationen lassen sich wesentlich weniger Menschen begeistern. Mit Klimt und Klee fühlt es sich wie die Show eines Freizeitparks an. Und schlimmstenfalls haben die Besucher*innen hinterher das Gefühl, sie hätten jetzt alles wichtige über die Künstler erfahren.

»d'or et de couleur«, Ausstellung zu Gustav Klimt (Foto © Culturespaces / Anaka Photographie)

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