Eine Bühne für die Kunst

the next ENTERprise Architects
26. maggio 2023
Blick vom Skulpturengarten auf die Fassade des historischen Bestandsbaus (Foto: Lukas Schaller)
Frau Harnoncourt-Fuchs, Herr Fuchs, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Marie-Therese Harnoncourt-Fuchs: Die Herausforderung lag darin, ein historisches Kanzleigebäude aus dem Jahr 1914 räumlich und atmosphärisch in ein zeitaktuelles Privatmuseum mit Esprit zu verwandeln, ohne das äußere Erscheinungsbild zu verändern. Außerdem ging es darum, den prominent gelegenen Ort des Stöcklgebäudes in versteckter Hinterhoflage für die Stadtbewohner*innen und Besucher*innen aufzuwerten.

Untersicht der Freitreppe, die den Raum des Museums mitprägt. (Foto: Lukas Schaller | Ausstellungsansicht »OPEN«, 2022, Heidi Horten Collection, Ausstellungsbereich Erdgeschoss)
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?


Ernst J. Fuchs: Die Sammelleidenschaft der Bauherrin Heidi Horten, die jahrelang umgeben von den nun im Museum ausgestellten Kunstwerken gelebt hat, bevor sie den Entschluss fasste, ihre Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Zudem haben uns der surrealistisch anmutende Raum aus »2001: A Space Odyssey« (1968) von Stanley Kubrick und der Film »The Best Offer« (2013) von Regisseur Giuseppe Tornatore, der von der Obsession eines Kunstsammlers handelt, inspiriert.

Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?


MTHF: Sämtliche Eingriffe stehen im Kontext mit dem Ort – im Sinne eines Verwebens von historischen Raumqualitäten mit den räumlichen Anforderungen eines Privatmuseums für das 21. Jahrhundert. Sie forcieren ein geöffnetes Zusammenspiel des Museumsraums mit der engen Hofsituation durch Blickbeziehungen, Licht und räumliche Interventionen. Unser Entwurf thematisiert das Aufeinandertreffen von Historie und Gegenwart. Die vorgefundenen Qualitäten haben wir durch das Hinzufügen von neuen gestärkt, die im Zusammenwirken die Möglichkeiten zur Bespielung des Museums erweitern und für die Besucher*innen, Anrainer*innen und Bürger*innen einen Ort des Perspektivwechsels erlebbar machen. 

Blick zur ersten Plattform. Raumprägend sind auch die neuen Lichtdecken. (Foto: Lukas Schaller | Ausstellungsansicht »OPEN«, 2022, Heidi Horten Collection, Ausstellungsbereich Erdgeschoss)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?


EJF: Der kontinuierliche Austausch mit der Bauherrschaft und den Nutzer*innen, den wir für das Gelingen eines jeden Projekts wesentlich finden, war aktiver Teil der Projektentwicklung. Vor allem bei der Optimierung der Bespielbarkeit des Museums und der Multimedia-Ausstattung war der Diskurs mit den zukünftigen Nutzer*innen ein wichtiger Input.     

Gab es bedeutende Projektänderungen vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk?


EJF: Unser Wettbewerbskonzept wurde konsequent und ohne wesentliche Änderungen in nur 27 Monaten vollumfänglich geplant und gebaut. 

Freitreppe hinauf zum 1. Obergeschoss (Foto: Lukas Schaller)
Der Aufgang zum 2. Obergeschoss. Im 3. Obergeschoss befinden sich, wie man an den Scheiben erkennen kann, Büros. (Foto: Lukas Schaller | Ausstellungsansicht »OPEN«, 2022, Heidi Horten Collection)
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten Ihres Büros ein?


MTHF: Das Museum ist neben dem Seebad Kaltern, dem Haus Datenfeld in Zirl, der Audiolounge, dem Stadthaus Molkereistraße und der Freiluftbühne Wolkenturm in Grafenegg ein Meilenstein für unser Büro. – Und vor allem handelt es sich um unseren ersten Museumsbau.

Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?


MTHF: Grundsätzlich hat es mehrere technische Herausforderungen gegeben: einerseits den stützenfreien Museumsraum mit Spannweiten von rund 20 Metern, andererseits die Optimierung von Klima und Licht. Wir versuchen unsere Gebäude stets so zu konzipieren, dass physikalische Gesetzmäßigkeiten wie zum Beispiel die Thermik genutzt werden können. 

Zusätzlich haben wir durch die Begrünung der Fassade und die Bepflanzung der Terrassen sowie des vorgelagerten Skulpturengartens mit Bäumen ein Mikroklima geschaffen, das den Hof vor allem in den Sommermonaten klimatisch und atmosphärisch aufwertet.

Blick aus dem Atrium auf die Ebenen der Ausstellungsräume (Foto: Lukas Schaller | Ausstellungsansicht »OPEN«, 2022, Heidi Horten Collection)
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?


EJF: Die akustisch wirksame Membran für die Lichtdecken der freischwebenden Plattformen, der mineralische Gussboden und die freihängenden Treppen sind allesamt Sonderanfertigungen, die die Ausstellungsplattformen verbinden.

Lageplan (© the next ENTERprise Architects)
Grundriss Erdgeschoss (© the next ENTERprise Architects)
Schnitt (© the next ENTERprise Architects)
Axonometrie zum Konzept (© the next ENTERprise Architects)
Möglichkeiten zur Bespielung des Museums mit unterschiedlichen Ausstellungsformaten (© the next ENTERprise Architects)
Bauwerk
Museum Heidi Horten Collection
 
Standort
Hanuschgasse 3, 1010 Wien
 
Nutzung
Museum
 
Auftragsart
Geladener Wettbewerb, 1. Preis
 
Bauherrschaft
Palais Goëss-Horten GmbH
 
Architektur
the next ENTERprise Architects ZT GmbH, Wien
Marie-Therese Harnoncourt-Fuchs, Ernst J. Fuchs, Christoph Pehnelt, Alexander Holzmann, Serdar Öztürk, Madeleine Malle, Christoph Neuwirth, Inés Klausberger, Cristina Meregalli, Martina Lajczak, Elena Valcheva, Peter Szilagyi, Penelope Rüttimann, Nathaniel Loretz, Admir Dzakulic und Vojislav Dzukic
 
 
Fachplaner
Generalfachplaner und Örtliche Bauaufsicht: hochform Architekten ZT GmbH
Tragswerksplanung: Bollinger + Grohmann Ingenieure ZT GmbH
Landschaftsplanung: Land in Sicht GmbH
Lichtplanung Konzept und Entwurf: Christian Ploderer
Lichtplanung Ausführung: Jungel-Schmid Lichtplanung
Raumakustik: Müller-BBM GmbH
 
Bauleitung 
hochform Architekten ZT GmbH
 
Fertigstellung
2022
 
Gebäudevolumen
13'623 m³
 
Kunst am Bau 
Deckenrelief im Tearoom: Hans Kupelwieser 
Möblierung und Wandgestaltung im Tearoom: Markus Schinwald
Vier Spiegelarbeiten in den Vorräumen der Sanitäranlagen: Andreas Duscha
 
Maßgeblich beteiligte Unternehmer
Baumeister und Generalunternehmer: Leyrer + Graf BaugesellschaftmbH, Wien
Freitreppen und Fassaden: Ferroglas Glasbautechnik GmbH, Hörsching
Textile Wandflächen: Kohlmaier GmbH, Wien
Trockenbau: Pagitsch GmbH, Tamsweg
 
Fotos
Lukas Schaller, Wien

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