Tänzerische Skulptur

Marte.Marte Architekten
4. ottobre 2019
Foto © Roland Horn
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Überhaupt ein Museum gestalten zu dürfen, ist schon eine besondere Aufgabe. Im Fall der Landesgalerie kommt hinzu, dass mit dem Bau erstmalig alle niederösterreichischen Kunstsammlungen an einem Ort zusammengefasst werden. Das ist großartig für das Publikum. Zugleich war dies nötig, um das überladene Landesmuseum in St. Pölten, das einst von Hans Hollein entworfen wurde, zu entlasten. Und überdies sollte mit dem Neubau ein zentraler Ort für die Kunstmeile Krems geschaffen und diese weiter verdichtet werden. 

Foto © Roland Horn
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?

Die Grundidee ist simpel und fußt auf zwei Kriterien aus der Ausschreibung: Zum einen sollte ein Gebäude mit besonderer Strahlkraft entwickelt werden, mit einer Anmutung, die auch über die Grenzen des Landes und Österreichs hinaus Beachtung findet. Zweitens sollte durch den Neubau eine Verbindung zur Donau, zur Wachau, zum Weltkulturerbe aufgebaut werden. Kurz: Es galt etwas Spezielles für den Ort und die bedeutende Kunstsammlung des Landes Niederösterreich zu schaffen. 

Das Konzept wurde anhand einer Modellstudie, die auf einem quadratischen Grundriss basierte, entwickelt. Das Gebäude liegt geordnet in der Altstadt-Struktur von Krems. Durch die Drehung der einzelnen Geschosse um eine starre Achse aber entwickelt sich ein dynamischer Baukörper, der sich der Wachau zuwendet und den Stadtraum transformiert. Die hyperbolischen Flächen des Bauwerks sind auch im Inneren spürbar, um den Bezug zwischen innen und außen nicht zu verlieren. Durch die verglasten Bögen im Erdgeschoss öffnet sich die Landesgalerie zum umliegenden Raum; ihre sonst hermetische Fassade wird aufgebrochen. 

Foto © Roland Horn
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?

Die Kunsthalle Krems und das Karikaturmuseum befinden sich in unmittelbarer Nähe. Mit der Landesgalerie erfolgt eine weitere Verdichtung der Kunstmeile Krems. Sie wird so noch attraktiver für das kulturinteressierte Publikum. Alle drei Häuser sind funktional miteinander verbunden. 

Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?

Auftraggeber und Nutzer*innen haben das Projekt in zweierlei Hinsicht beeinflusst: Zum einen durch ihre aktive Mitarbeit was die innere Organisation der Nutzungseinheiten angeht. Dies gilt vor allem für die kurartorisch relevanten Bereiche, sprich die Gestaltung der Ausstellungsflächen und der Kunstdepots. Beispielsweise fanden wichtige Abstimmungsprozesse hinsichtlich der idealen Ausleuchtung, der Schaffung optimaler klimatischer Verhältnisse und der Bereitstellung perfekter Ausstellungsflächen statt. 

Zweitens stand die Bauherrschaft, das Land Niederösterreich, während des gesamten Planungs- und Bauprozesses immer hinter uns; die verantwortlichen Politiker*innen zeigten sich sehr entschlossen. Das war besonders wichtig, weil die Form mitunter auch sehr kritisch beäugt wurde – besonders, ehe die Pailletten montiert waren. Gegenüber der Öffentlichkeit wurde viel und leidenschaftlich Überzeugungsarbeit geleistet. So konnte das Wettbewerbsprojekt ohne Überformung umgesetzt werden.  

Foto © Roland Horn
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?

Die vielleicht wichtigste Besonderheit der Landesgalerie ist ihr Schuppenkleid aus rund 7'200 metallenen Pailletten. Es spielt mit der Wahrnehmung der Betrachter*innen, da die vergrößerten Schindeln den Maßstab optisch verzerren: Wenn man das Haus von weitem erblickt, scheint es geschrumpft. Dadurch wird seine Wucht und Präsenz gedämpft. Die Oberfläche aus Titanzink lässt die Fassade sanft schimmern und je nach Lichtsituation und Perspektive vollkommen unterschiedlich wirken.

Lageplan
Grundrisse
Schnitt
Name des Bauwerks Landesgalerie Niederösterreich
Ort Museumsplatz, 3500 Krems an der Donau
Nutzung Museum
Auftragsart europaweit ausgeschriebener Wettbewerb
Bauherrschaft Land Niederösterreich
Architektur Marte.Marte Architekten
Fachplaner ATC Ziviltechniker GmbH, Klagenfurt | Bernhard Weithas, Lauterach | Ingenieurbüro Huber GmbH, Weiler | KuB Fassadentechnik, Schwarzach | Gastro Plan, Götzis | mm+, Berlin (D) | TB Dick + Harner GmbH, Salzburg | TB Herbst GmbH, Salzburg | 3P Geotechnik ZT GmbH, Wien | Risk Control GmbH, Steyr
Jahr der Fertigstellung 2018
Gesamtkosten EUR 32,8 Mio.
Gebäudevolumen 35'000 m3
Kunst am Bau Werner Reiterer: »Die Eroberung der Vertikalen«
Auszeichnung Iconic Award
Fotos Roland Horn

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