Causa MCI

Elias Baumgarten
6. dicembre 2019
Wird trotz Sieg beim internationalen Wettbewerb nicht umgesetzt: das Projekt von Habeler & Kirchweger. (Visualisierung: schreinerkastler)

Innsbrucks Unternehmerischer Hochschule mangelt es an Raum. Aktuell müssen etliche Standorte in der Tiroler Landeshauptstadt genutzt werden. Doch bis 2023 soll ein neues Gebäude stehen, das dieses Problem beseitigt. Ob das Vorhaben termingerecht gelingt, ist aber ungewiss. Warum? Das ist eine lange Geschichte: Der Konflikt um den MCI-Neubau zieht sich schon über Jahre hin. Doch seit Montag, dem 2. Dezember 2019, ist klar, dass das Großprojekt um 130 Millionen Euro neu ausgeschrieben wird. Darauf haben sich Land und Stadt endgültig geeinigt. Innsbruck wird das Grundstück dem Land lastenfrei zur Verfügung stellen. Dies war bis unlängst ein Streitpunkt, da die Stadt aufgrund ihrer leeren Kassen Zweifel an der Darstellbarkeit der Kosten hegte und – entgegen einer älteren Abmachung – mit der Erhebung eines Baurechtszinses liebäugelte.

Kostenexplosion?

Bereits im vorigen Jahr war das Siegerprojekt (Habeler & Kirchweger, 2016) des zweistufigen EU-weit offenen Architekturwettbewerbs gestoppt worden – wegen vorgeblich explodierender Baukosten. Im Sommer 2017 waren diese auf 115 Millionen Euro geschätzt worden. Aus den Medien erfuhren die Architekten, wie sie uns sagten, dass das Projekt gestoppt werden müsse, da die Kosten auf 135 explodiert seien, wobei bis heute nicht offengelegt wurde, wie diese Zahl zustande kommt.

In einem Dialogverfahren mit Wettbewerb wird nun neu über Gestaltung und Vergabe entschieden. Eines der Probleme bei dieser Entwicklung: War im bachab geschickten Projekt eine Netto-Nutzfläche von 16'500 Quadratmetern vorgesehen, sollen jetzt nurmehr 15'000 Quadratmeter realisiert werden. Dies entspricht einer Reduktion von fast zehn Prozent. Expert*innen erwarten, dass dies dem Platzbedarf des MCI wohl nicht genügen wird; wahrscheinlich müsste, so prognostizieren sie, auch künftig auf Räumlichkeiten in anderen Gebäuden zurückgegriffen werden. Zudem werden die Realisierungsverzögerung und das Dialogverfahren in Mehrkosten von rund 10 Millionen Euro resultieren, schätzt das aut. architektur und tirol. Es ist also anzunehmen, dass schlussendlich ein kleineres Projekt für mehr Geld verwirklicht wird.

Modellfoto: Raimund Rainer
Empfindlich getroffen

Ein schwerer Schlag ist die Causa für unser Wettbewerbswesen. Die Signalwirkung an Österreichs Architekt*innen ist verheerend, bedeutet ein gewonnener Bewerb keinen Auftrag mehr. Doch nicht nur, dass die Sieger geschasst wurden, auch das nun anstehende Dialogverfahren ist umstritten. Wie das aut in einem offenen Brief scharf formuliert, ist es weit weniger geeignet, architektonische, städtebauliche und sozialräumliche Qualität sicherzustellen als ein internationaler Architekturwettbewerb. Begründet wird die Wahl mit einer größeren Kostensicherheit – die aber in Wahrheit eher aus dem nun großzügiger gesteckten Kostenrahmen resultieren dürfte. 

Gewinner?

Pikant indes: Wie die Tiroler Tageszeitung (TT) berichtete, ist einer der Nutznießer der Neuvergabe der Innsbrucker Jurist Dr. Herbert Schöpf. Er berät das Land Tirol seit zweieinhalb Jahren bezüglich des MCI-Neubaus rechtlich und riet Landesrat Johannes Tratter zum Projektstopp – zugleich wird er nun eine entscheidende Rolle bei der Neuausschreibung spielen. Denn im Frühjahr hat er die Ausschreibung des Landes für die »rechtliche Betreuung eines Vergabeverfahrens für die Beschaffung von Planungs- und Ingenieursdienstleistungen und/oder Bauleistungen für das Hochbauprojekt in Innsbruck« gewonnen. Wesentliches Auswahlkriterium waren dabei Erfahrungen mit wettbewerblichen Dialogen, die Schöpf vorweisen kann. Schwierig? Nein, fand der Anwalt gegenüber der TT: »Wenn etwas zu beanstanden gewesen wäre, hätte niemand gezögert, die Vergabe anzufechten.«

Das Büro Habeler & Kirchweger indes hat im November zumindest einen kleinen juristischen Erfolg erzielt. Nachdem man das Land wegen offener Honorare in Höhe von 769'000 Euro geklagt hatte, kam es zu einem bedingten Vergleich, nach dem das Generalplanerteam 500'000 Euro erhalten soll. Allerdings: Im Gegenzug müssen die Architekten alle Grundlagenerhebungen und adaptierten Planungen zum Gebäude dem Land für ein künftiges Bauvorhaben abtreten. Zum ganzen Vorgang passend, tönt die Berichterstattung in der Tagespresse despektierlich: Zwischen den Zeilen erscheinen die Architekt*innen dort als nimmersatte Geldschneider und der Kompromiss als Überraschung wider dem Rechtsempfinden. Dabei sind sie als Generalplaner ihren Subplanern gegenüber verpflichtet, die Honorare einzuklagen, haben doch inklusive der Fachplaner bis zu 60 Personen über eineinhalb Jahre an dem Projekt gearbeitet. Es scheint hierzulande bisweilen an Wertschätzung für Architekturarbeit und Baukultur zu mangeln!

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