Rekord in Wien

Elias Baumgarten
18. giugno 2019
Visualisierung © HoHo Wien, HoHo Next cetus Baudevelopment GmbH und RLP Rüdiger Lainer + Partner Architekten ZT GmbH

Über 1’000 Deckenelemente, 800 Außenwandmodule und 840 Holzstützen – in den letzten Monaten schraubten die Arbeiter*innen auf der Baustelle des HoHo Wien eine enorme Menge an Bauteilen zusammen. Nun ist das für den Augenblick höchste Holzhaus der Welt fast fertig und konnte anfangs Juni erstmals in Augenschein genommen werden. Entworfen hat den Turm das Büro RLP Rüdiger Lainer + Partner. Bauherrin ist die Wiener cetus Baudevelopement GmbH, eine Tochterfirma Kerbler Holding GmbH. Investiert wurden in den Bau 65 Millionen Euro. Die Arbeiten begannen im Jahr 2016.

Wegbereiter

Das Gebäude ist 84 Meter hoch. Es verfügt über 24 Stockwerke. In der Sockelzone ist ein Restaurant platziert. Darüber befinden sich Geschäftsflächen, auf denen Mieter aus den Bereichen »Wellness«, »Health« und »Beauty« angesiedelt werden. Weiter oben befinden sich Büros und ein Hotel. Im obersten Teil des Turms schließlich sind Apartments verortet.

Bauherrin und Architekten sehen das Haus vor allem als wichtiges Pionierprojekt: Das HoHo soll den Weg für mehr großmaßstäbliche Hochbauten in Holz in Österreich bereiten. Dabei gelte es vor allem, mit überkommenen Vorurteilen aufzuräumen, so Architekt Rüdiger Lainer, die sich noch immer hartnäckig in der Bevölkerung und bei potenziellen Bauherr*innen hielten. Bis heute hätten viele Menschen Angst, dass Holzbauten im Brandfall zur tödlichen Falle würden. Doch man habe sich mit dem Brandschutz intensiv auseinandergesetzt. Tatsächlich wurden Brandversuche durchgeführt, bei denen Stützen, Wand- und Deckenelemente über 90 Minuten mit 1'000 Grad heißem Feuer beflammt wurden. Der Schaden fiel verhältnismäßig gering aus. Das liegt an der massiven Konstruktion. »Mit einer Leichtbaukonstruktion wäre so ein gigantisches Projekt nie möglich gewesen, denn mit Feuer verringert sich der tragfähige Querschnitt des Holzes«, erklärt Lainer, »Doch sobald man Holz massiv einsetzt und die tragenden Bauteile überdimensioniert, ist der Brandschutz de facto im Material selbst enthalten.« So weisen beispielsweise die verleimten Brettschichtholzstützen im unteren Gebäudeteil Querschnitte von bis zu 40 mal 124 Zentimetern auf.

Visualisierung © HoHo Wien, HoHo Next cetus Baudevelopment GmbH und RLP Rüdiger Lainer + Partner Architekten ZT GmbH
Herausforderung Toleranzen

Aus statischen Gründen sind Lift- und Stiegenhauskern betoniert. Sie steifen das Gebäude aus. Das machte den Bauprozess besonders knifflig, wie der technische Projektleiter Peter Gamperl dem Standard sagte. Das Problem: Die Toleranzen vorgefertigter Holzbauteile liegen im Millimeterbereich. Betoniert wird auf der Baustelle jedoch (gewöhnlich) nur auf Zentimeter genau. Die Anschlüsse waren darum schwierig herzustellen. Mit viel technischem Wissen und handwerklichen Können wurde diese Aufgabe aber gemeistert. Besonders die Schalungsbauer waren dabei gefordert.

Holzoberflächen im Inneren

In großen Bauten aus Holz wurden die Innenräume bisher oft klassisch verputzt oder mit Gipskartonplatten ausgekleidet. So waren jene nicht unmittelbar als Holzbauten zu identifizieren. Nicht so beim HoHo Wien: Das Konstruktionsmaterial bleibt an Wänden, Decken und in Form der Stützen offen sichtbar. Damit unterstreichen Bauherrin und Architekten auch gestalterisch ihren Anspruch, einen Pionierbau zu schaffen. Dies entschädigt außerdem auch für die Fassade, die aus baurechtlichen Gründen mit Eternitplatten verkleidet werden musste.

Auf Rekordjagd

Ob der Rekord des höchsten Holzhochhauses allzu lange Bestand haben wird, ist fraglich. Denn der technische Fortschritt und der Ehrgeiz von Ingenieur*innen, Architekt*innen und Bauherr*innen sind enorm. So wurde im norwegischen Brumunddal, das südöstlich von Lillehammer liegt, kürzlich der 80 Meter hohe Mjøsa Tower fertig. Und in Paris, London, Stockholm, Vancouver und auch Chicago sind noch höhere Türme schon in Planung.

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