Qualitätsvolle Dichte

Ulf Meyer
27. 2月 2020
Foto © Schnepp Renou

Das Pariser Quartier des Batignolles im 17. Arrondissement ist seit dem Bau von Renzo Pianos Hochhaus für das Justizzentrum in der Silhouette der französischen Hauptstadt nicht mehr zu übersehen. Es wird der Länge nach von Bahnanlagen durchschnitten. Direkt östlich der Gleise haben querkraft architekten einen Wohnbau gestaltet, der insbesondere durch seine ungewöhnlichen Balkonbrüstungen auffällt. Neben 77 Sozialwohnungen nimmt die Anlage 50 Einzimmerwohnungen auf, die als Arbeiterwohnheim genutzt werden. Das Objekt besteht aus zwei unterschiedlich hohen Türmen mit einem gemeinsamen Sockelbau. Schon beim Architekturwettbewerb 2013 hatte querkraft mit sam architecture zusammengearbeitet. Das Büro Karawitz kam alsbald als lokaler Partner hinzu.

Foto © Schnepp Renou

Das Neubauviertel Clichy-Batignolles gilt als ökologisches Vorzeigeprojekt der Stadt Paris, die hier Hunderte Millionen Euro verbaut. Der ehemalige Güterbahnhof Batignolles begrenzt das Viertel auf der einen, die Ringstraße Porte de Clichy auf der anderen Seite. Die städtebauliche Planung stammt aus dem Jahr 2001 und sieht eine Unterteilung in drei Bereiche vor: das Gebiet Cardinet-Chalabre, das Quartier Clichy-Batignolles und den Saussure-Block. Die Nutzung erneuerbarer Energien wird stark gefördert. Das gesamte Areal bietet 3'400 Wohnungen. 

Das Viertel Clichy-Batignolles hat den Martin Luther King Park als Mittelpunkt. Er wurde von der Landschaftsarchitektin Jacqueline Osty entworfen. In der Nähe befindet sich der Bau von querkraft und sam architecture, der 19 Millionen Euro gekostet hat. Die beiden Türme liegen einander diagonal gegenüber, sodass möglichst viele Bewohner*innen Park- und Weitblicke genießen können. Die geringere Höhe des zweiten Turms lässt den Anwohner*innen rundherum weiterhin Blicke in den Park frei, zudem wird der Schattenwurf reduziert. Der höhere der beiden Gebäudeteile wirkt am Zugang zum Park wie ein Torpfeiler. Als verbindender Sockel fungiert ein Kindergarten mit Krippe in Holz-Beton-Verbundbauweise, der zwei tiefer liegende Höfe umschließt. Anders als die Türme hat er eine Holzfassade.

Foto © Schnepp Renou

Beide Türme haben dunkle Fassaden mit Klinkerriemchen, akzentuiert durch Elemente aus Aluminium: Vor den Fenstern des niedrigeren Turms sind es verschiebbare Brise-Soleil-Elemente, am höheren »täuschen die Balkonbrüstungen dreidimensionale Ausbuchtungen vor«, wie die Architekten sagen: Die unterschiedlich dichte Anordnung sowie gewellte oder gezackte Ober- und Unterkanten erzeugen einen Trompe-l’oeil-Effekt. Französische Fenster gestatten aus jedem Raum den Austritt auf diese Balkone, die sich dank Rücksprüngen des Baukörpers an den Ecken und in der Mitte der Längsseiten zu tiefen Aufenthaltsbereichen weiten. Zur raschen Aneignung dieser Flächen wurde den Bewohner*innen zum Einzug ein Möblierungsset übergeben – bestehend aus Sonnenschirm, Tisch, Blumentrog und Wäscheständer. Neben den Wohnungen gibt es in der Anlage mehrere Gemeinschaftsräume sowie knapp 200 Quadratmeter Einzelhandelsfläche.

Die Neubauten beweisen, dass auch im hochverdichteten Wohnungsbau im Herzen einer großen europäischen Hauptstadt architektonische Qualitäten leistbar sind. 

Beispielgrundrisse
Schnitt

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