7. maart 2019
Die Jahrhunderthalle in Nara aus dem Jahr 1998 ist eines der berühmtesten Bauwerke Arata Isozakis. Bild: Hisao Suzuki

Seit bald fünf Dekaden zählt Arata Isozaki zu den bekanntesten und einflussreichsten Architekt*innen Japans. Doch trotz aller Anerkennung musste er lange auf eine große Auszeichnung warten. Nun aber ist es soweit: Er erhält den Pritzker Prize, den wohl wichtigsten Architekturpreis überhaupt. Arata Isozaki ist einer der großen Visionäre seiner Generation. Die Jury nennt ihn in ihrer Laudatio einen »vielseitigen, maßgebenden und wahrhaftig internationalen Architekten«. Im Mai 2019 wird er die mit 100'000 Dollar dotierte Auszeichnung feierlich in Empfang nehmen können. Er ist der achte Architekturschaffende aus Japan, der mit dem Pritzker Prize geehrt wird. Auch heuer geht dieser damit an einen Mann, der aus einem Industrieland stammt. Das ist schade, weil zum Beispiel die Ehrung von Denise Scott Brown nachzuholen wäre, die 1991 als »die Frau von« einfach übergangen wurde, als der Preis an ihren Partner Robert Venturi ging.

Die Sporthalle Palau Sant Jordi in Barcelona. Bild: Hisao Suzuki
Facettenreich

Zunächst aber zurück zum Preisträger. Arata Isozaki wurde 1931 in Ōita auf der Insel Kyushu geboren, wo er auch einige seiner ersten Bauten errichtete. Faszinierend ist sein vielschichtiges und abwechslungsreiches Œu­v­re, das sich gegen jede Rubrizierung sperrt. Verschaffen wir uns einen chronologischen Überblick: Zu Beginn seiner Karriere, als er noch für Kenzō Tange arbeitete, war er dem Lager der Metabolisten zuzurechnen. So weckt seine »City in the Air« (1961/62) beispielsweise Erinnerungen an Kisho Kurokawas Kapselstrukturen. Doch begann Arata Isozaki schon bald den Fortschrittsglauben und Optimismus seiner Kolleg*innen zu kritisieren und abzustreifen: Bereits 1962 entschied er, an einer großen Schau zur metabolistischen Architektur keinen eigenen Entwurf zu zeigen, sondern die Besucher*innen an der Installation »Incubation City« zu beteiligen. Diese hämmerten Nägel in eine Luftaufnahme Tokios und verbanden sie mit Draht. Anschließend übergoß der Architekt alles mit Gips und hinterließ so eine Ruine. Diese Performance sollte darauf aufmerksam machen, das Wachstum nicht zwingend geordnet und planmäßig verläuft und jederzeit abrupt enden kann. 

Der Verfall sollte in der Folge zum wichtigen Motiv in seiner Architektur werden: 1983 wurde zum Beispiel sein Tsukuba Center Building fertiggestellt, das er in vielen farbigen Perspektiven als Ruine darstellte. Arata Isozaki wollte so Kritik am Ewigkeitsanspruch der Architektur üben, sich von diesem distanzieren, und ihre Vergänglichkeit in den Fokus rücken. Während dieser Phase griff er zudem die Ästhetik der Architektur-Postmoderne auf, so etwa mit seinem Museum of Contemporary Art in Los Angeles, das 1986 eröffnet wurde. Nebenbei verwirklichte er mit diesem als erster Japaner überhaupt einen Bau im Ausland. Viele weitere internationale Aufträge sollten folgen. 

Beginnend in den 1990er-Jahre und verstärkt nach der Jahrtausendwende wandte sich Arata Isozaki schließlich neuerlich organischen Formen zu. Beispiele hierfür sind die Sporthalle Palau Sant Jordi in Barcelona (1990) sowie das Allianz-Hochhaus in Mailand (2015). In diesen Zeitabschnitt fällt auch der Bau der Jahrhunderthalle in Nara (1998), die wohl eines seiner bekanntesten Projekte ist.

Das Tsukuba Center Building als Ruine. Bild: Arata Isozaki and Associates
Tsukuba Center Building. Bild: Yasuhiro Ishimoto
Allianz-Hochhaus. Bild: Alessandra Chemollo
Einsatz für Japans Städtebau

Eine besondere Leistung Arata Isozakis, der selbst vor allem für die Öffentliche Hand gestaltete, ist es überdies, den Städtebau (wieder) zum Bestandteil des Architekturgesprächs in Japan gemacht zu haben, der ehedem oft stiefmütterlich behandelt wurde. Dabei engagierte er sich nicht nur als Theoretiker, sondern initiierte auch viele Großprojekte. So geht zum Beispiel die Nexus World in Fukuoka, die von Rem Koolhaas, Mark Mack und Steven Holl ausgestaltet wurde, entscheidend auf sein Betreiben zurück. 

Verdienter Sieger und verpasste Chance

Es ist ein Dilemma und verzwickt: Schon viele Jahre lang war die Auszeichnung für Arata Isozaki überfällig. Großartig also, dass er nun endlich den Preis erhält. Doch gleichzeitig geht seine Ehrung selbstredend mit der Nichtbeachtung anderer einher. Seit 1979 wird der Pritzker Prize vergeben. Die Auszeichnung von Gestalterinnen und Architekturschaffenden, die nicht aus der Westlichen Welt oder Japan stammen, bereitet der Jury offenbar seit jeher Schwierigkeiten. In all den Jahren haben mit Zaha Hadid (2004), Kazuyo Sejima (2010) und Carme Pigem (2017) nur ganze drei Frauen die Auszeichnung erhalten. Und ähnlich selten ging der Preis an Architekturschaffende, die nicht aus Industrieländern stammten oder zumindest sehr lange dort lebten und arbeiteten. Zwar wurde in zweitem Fall über die vergangen Jahren nachgelegt und die Auszeichnung in rascher Folge an Alejandro Aravena (2016) und Balkrishna Doshi (2018) vergeben. Dennoch gäbe es einiges nachzuholen – wie die längst fällige Auszeichnung von Denise Scott Brown etwa, die 1991 verpasst wurde. Denn wie man mittlerweile weiß, hatte sie großen Anteil bei der gemeinsamen Arbeit mit ihrem Partner Robert Venturi. Und weitere herausragende Architektinnen stehen hoffentlich schon auf der Liste möglicher Preisträger*innen. So hat das Team von ArchDaily im Vorfeld der Preisverleihung eine Namensliste zusammengetragen, die einige interessante Kandidatinnen umfasst – namentlich zum Beispiel Anne Lacaton. Sind wir gespannt auf 2020.

Wir gratulieren Arata Isozaki herzlich zum Pritzker Prize 2019.

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