Nachruf für Christoph Luchsinger

Elias Baumgarten
14. november 2019
Foto © TU Wien
»Ich denke, dass die Diskrepanz zwischen zunehmender Verstädterung und der Anziehungskraft großer Zentren gegenüber der Entvölkerung und Strukturschwäche auf dem Land ein Thema ist, das uns beschäftigen muss.«

Christoph Luchsinger im Interview mit studiorural im Jahr 2018

Christoph Luchsinger war gerade frisch pensioniert, als er anfangs November nach kurzer, schwerer Krankheit verstarb. Zuletzt hatte er noch mit Student*innen an Fragen zum Stadtentwicklungsprogramm 2035 für Wien arbeiten wollen – jener Stadt, für die der Luzerner so prägend war und die er so sehr wertschätzte. Luchsinger, der an der ETH Zürich diplomiert und dort wie auch an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaft in Winterthur unterrichtet hatte, übernahm 2009 einen Lehrstuhl an der TU Wien und leitete das Institut für Städtebau, Landschaftsarchitektur und Entwerfen. Nachdem er nach Österreich gezogen war, eröffnete er in Wien eine Zweigstelle seines Architekturbüros, das er 1991 mit Max Bosshard in Luzern gegründet hatte. Die beiden gehörten zu den ersten Architekt*innen im D-A-CH-Raum, die die Ausdehnung der Siedlungsgebiete in den Landschaftsraum zum Thema machten – einem übrigens, das bis heute überaus aktuell geblieben ist. Luchsinger arbeitete mit am Hochhauskonzept der Stadt Wien sowie am Stadtentwicklungsprogramm 2025. Für seinen großen Einsatz für die Hauptstadt erhielt er deren Silbernes Ehrenzeichen. Und als sei all das des Engagements nicht genug, arbeitete der Schweizer auch im Bauausschuss der Stadt Zürich. 

Während seiner Zeit in Wien baute er ein großes internationales akademisches Netzwerk mit Schwerpunkten in Süd- und Osteuropa auf. Er hatte Gastprofessuren an der ETH Zürich, der TU Ljubljana und der TU Graz inne. Doch Luchsinger forschte, lehrte und gestaltete nicht nur, er schrieb auch famos (zumeist gemeinsam mit Max Bosshard) über Architektur und Städtebau: Er war Redakteur der renommierten Schweizer Zeitschrift werk, bauen + wohnen. Einer seiner Aufsätze erschien ferner auch im Zürcher Architekturmagazin archithese.

Doch wurde Luchsinger nicht nur für seine Arbeit, seinen weit überdurchschnittlichen Einsatz und seine fachliche Kompetenz geschätzt, vielmehr wurde er allseits auch für seine Bescheidenheit und seinen Humor gelobt. Er galt als sensibler Mann der leisen, zurückhaltenden Töne. Zugleich konnte er aber auch direkt und nachdrücklich sein und seine Ansagen und Forderungen mit unmissverständlicher Klarheit artikulieren. Sein plötzlicher Tod ist ein schwerer Schlag für die ganze deutschsprachige Architekturszene und besonders für Wien.

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