Wolfsburger Gedenk- und Lernort

Manuel Pestalozzi
22. november 2020
Das Siegerprojekt umfasst neben einem in zwei Teile gegliederten Gebäude auch einen »schwebenden Waldweg«, welcher die Ausmaße des einstigen Lagers erlebbar macht. (Foto: büro luchterhandt)

Das Außenlager Laagberg wurde 1944 eingerichtet und gehörte zum Konzentrationslager Neuengamme in Wolfsburg. Es wurde ab dem 31. Mai 1944 im Auftrag von Volkswagen mit rund 800 Häftlingen belegt, deren Hauptaufgabe darin bestand, als Arbeitssklaven Bautätigkeiten für das Unternehmen auszuführen. 2017 stieß man bei Bauarbeiten auf Fundamente der ehemaligen Gefangenbracke 4. Daraufhin beauftragte der Rat der Stadt Wolfsburg das Institut für Zeitgeschichte und Stadtpräsentation (IZS) mit der Erarbeitung eines Konzepts für einen Gedenk- und Lernort. Es folgte ein breit angelegter Informations- und Beteiligungsprozess, der Grundlage für die Aufgabenstellung eines anschließenden Planungswettbewerb war. Als Standort wurde ein Gelände am nördlichen Rand des früheren Lagers bestimmt.

Der Planungsperimeter mit den Bestandsbauten und der Anlage des einstigen Außenlagers. (Plan: Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen)

Aus ganz Europa bewarben sich 42 Teams um die Teilnahme am Wettbewerb, 15 wurden schließlich im April ausgewählt und entwickelten Ideen für einen »überregional bedeutsamen Ort demokratischer Bildung am Laagberg«. Das üblicherweise unter Anwesenheit der Jury und aller Bearbeiter stattfindende Rückfragenkolloquium und die Ortsbegehung konnten wegen den strikten Maßnahmen, mit denen Deutschland der Ausbreitung des Coronavirus begegnet, nicht wie gewohnt stattfinden. Etwa 100 Bürger*innen haben sich dennoch mit den Entwürfen im Rathaus auseinandergesetzt und diese kommentiert.

Ein freistehendes »Regal« soll mit Funden bestückt werden. (Visualisierung: Hoskins Architects, guba+sgard Landschaftsarchitekten, Ralph Appelbaum Associates)
»Regal« unter freiem Himmel

Das siegreiche Projekt von Hoskins Architects, guba+sgard Landschaftsarchitekten und Ralph Appelbaum Associates schlägt einen in zwei Teile gegliederten Baukörper vor. Er bildet eine Rückwand zum benachbarten Nahversorger und öffnet sich zum Gelände des ehemaligen Außenlagers hin. Ein »Regal« unter freiem Himmel soll den Besucher*innen die Möglichkeit eröffnen, in eine interaktive Auseinandersetzung mit der Geschichte zu treten. Die beabsichtigte Aufbewahrung der translozierten Fundamentreste ist in den Augen des Beurteilungsgremiums gut in die Grundkonzeption integriert.

Eine Fensteröffnung des Seminarraums nimmt die Form des Barackengiebels der ehemaligen Gefangenenbaracke 1 auf, sein Fußabdruck zeichnet einen Teil ihres Grundrisses nach. Die Hauptinszenierung der freiräumlichen Ausstellungs- und Lerninhalte ist indes ein »schwebender Waldweg«. Er soll als flexible Steganlage mit Lernstationen entlang der historischen Waldkante verlaufen. 

Zum Zeitplan der Umsetzung des gelungenen, seiner schwierigen Aufgabe gewachsenen Projekts hat die Stadt Wolfsburg noch keine Informationen herausgegeben.

Das Fenster des Seminarraums besitzt die Umrisse einer der einstigen Baracken. (Visualisierung: Hoskins Architects, guba+sgard Landschaftsarchitekten, Ralph Appelbaum Associates)

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