Traditionelle Kontur geschliffen und geschärft

Studio Clemens Luser
14. janeiro 2022
Foto: Simon Oberhofer
Herr Luser, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Der exponierte Bauplatz bietet wunderbare Weitblicke in die Weinberge, war aber aufgrund seiner Lage an einer steilen Geländekante eigentlich zu beengt. Doch aus dieser Schwierigkeit ergab sich schließlich die Idee des Entwurfs: Das Haus steckt auf der einen Seite gut geerdet im Hang, während es auf der anderen über diesen auskragt.

Foto: Simon Oberhofer
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?


Das neue Seminarhaus greift mit seiner archetypischen Hausform, den seitlichen Dachüberständen und der Ziegeldeckung die Form des alten Werkstättengebäudes auf, das ihm weichen musste, und integriert sich in die südsteirische Landschaft, als wäre es schon immer da gewesen. Im Detail ist die Architektur äußerst reduziert. Die Dachneigung und die diagonale Holzschalung aus schmalen Latten verlaufen in einem Winkel von 45 Grad und erzeugen eine starke Übereinstimmung von Form und Textur. Wenn die großen Klapptore an den nord- und südseitigen Giebelwänden geschlossen sind, weisen nur minimale Fugen auf die dahinterliegenden Öffnungen hin. Bei geöffneten Läden hingegen ergibt sich von außen ein Durchblick durch den gesamten Innenraum, und von innen ergeben sich dann zwei gleich große Bildausschnitte und Ausblicke in die Weinberge.

Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?


Die südsteirische Weinlandschaft ist als Kulturlandschaft und Naturjuwel ein ausgesprochen sensibler Ort für bauliche Eingriffe. Im Ensemble des Hotels Gut Pössnitzberg ist es der überdimensionierte Zimmertrakt aus den 1990er-Jahren, der den kleinteiligen Maßstab der umgebenden Landschaft sprengt. Daher war es uns bei diesem Projekt wichtig, den Kontext nicht durch einen weiteren ortsfremden Eingriff zu irritieren.

Foto: Simon Oberhofer
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?


Die Vorgaben des Bauherrn betreffend Nutzungskonzept, Zeitplan, Budget und grundsätzlicher Situierung waren entscheidende Rahmenbedingungen. Für dieses Projekt, seine spezielle Qualität und die kurze Bauzeit war die sehr enge und produktive Zusammenarbeit von Bauherrschaft, uns Architekten und den Ausführenden sehr wichtig.

Foto: Simon Oberhofer
Gab es bedeutende Projektänderungen vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk?


Für das Seminarhaus war in unserem Wettbewerbsentwurf vorgesehen, ein altes Werkstättengebäude mit Satteldach nach Süden hin zu erweitern und die notwendigen Nebenräume hinter dem Seminarraum im Weinhang zu integrieren. Im Zuge der genauen Vermessung stellte sich jedoch heraus, dass die Grundgrenze so knapp und ungünstig hinter dem Bestandsgebäude verläuft, dass nicht genügend Platz für die Nebenräume im rückwärtigen Bereich blieb. Gemeinsam mit dem Bauherrn wurde daraufhin beschlossen, das bestehende Gebäude (dessen Bausubstanz ohnehin nicht mehr gut war) abzutragen und das Seminarhaus am selben Ort als Holzbau neu zu errichten. 

Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?


Die Entscheidung zugunsten einer Neuerrichtung in vorgefertigter Holzriegel-Bauweise brachte eine Reihe von Vorteilen mit sich: Zuallererst eine viel geringere Bauzeit, die angesichts des kurzen Zeitfensters bis zur geplanten Wiedereröffnung ausschlaggebend war. Weiters eine nachhaltige, ökologische und zudem leichte Bauweise, die die vorgesehene Auskragung ermöglichte und eine konsequente konstruktive Umsetzung ohne Vermischung von Um- und Zubau erlaubte.

Situation
Grundriss
Schnitt
Bauwerk
Seminarhaus Hotel Gut Pössnitzberg
 
Standort
Pössnitz 168, 8463 Leutschach
 
Nutzung
Seminarhaus
 
Auftragsart
Direktauftrag nach geladenem Wettbewerb
 
Bauherrschaft
Privat
 
Architektur
Studio Clemens Luser, Graz
Arch. DI Clemens Luser, DI Hansjörg Luser und DI Moritz Gaiser
 
Fachplaner
Statik: Hess engineers, Graz
Bauphysik und Akustik: Rosenfelder & Höfler, Graz 
Haustechnik: Ing. Karl Pechmann, Kumberg 
 
Bauleitung 
Rainer Ogrinigg, Leutschach
 
Jahr der Fertigstellung
2021
 
Energiestandard
Niedrigenergie
 
Maßgeblich beteiligte Unternehmer
Baumeister und Zimmerer: Bauunternehmung Ing. Röck GesmbH, Ehrenhausen HKLS: Bad & Heiztechnik Kindermann, Leibnitz
Trockenbau: Koweindl Trockenbau GmbH, Strass
Elektro: Elektro Sturm GmbH, Ehrenhausen
Massivholzboden: Paul Incze, Seiersberg
Tischlerarbeiten: Tischlerei Safner, Kaindorf bei Hartberg
 
Fotos
Simon Oberhofer

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