Lernen statt Erbsen schälen – die Umnutzung eines geschichtsträchtigen Industrieareals

Manuel Pestalozzi
17. junho 2021
Der Industriekomplex soll in den nächsten Jahren Zug um Zug zum lebendigen Ortszentrum werden. (Visualisierung: Pesendorfer & Machalek Architekten)

Im April 1866 wurde auf dem damaligen Gemeindegebiet von Bruck an der Leitha im Burgenland mit der Errichtung eines neuen Truppenlagers für die österreichisch-ungarische Armee begonnen. Drei Jahrzehnte später, 1896, ließ die Heeresverwaltung vom Wiener Fabrikanten Carl Littmann eine Konservenfabrik hinzufügen, die Verpflegung für die Truppe produzieren sollte. Die Baumeisterarbeiten führte Rudolf Breuer durch, Bauleiter war der Militärbauingenieur Ignaz Ströher. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Fabrik 1918 geschlossen, doch Ende der 1940er-Jahre lief die Produktion wieder an: Bis ins Jahr 1969 wurden an dem Standort Gemüsekonserven hergestellt. Die Anlage mit Produktionsgebäuden aus verschiedenen Epochen blieb anschließend erhalten und wurde seither für Geschäfte, Büros und Wohnungen genutzt. In die ehemalige Erbsenschälerei zog zunächst ein Kulturverein ein. Und das Bundesdenkmalamt urteilte, dass die Erhaltung des Baus im öffentlichen Interesse sei.

Vom künftigen Hauptplatz des Quartiers aus gesehen kommen die repräsentativen Qualitäten der alten Industriebauten gut zur Geltung. (Visualisierung: Pesendorfer & Machalek Architekten)

Doch wie soll es mit dem historischen Gebäude weitergehen? Nach den Plänen des Wiener Büros Pesendorfer & Machalek Architekten wird in einem ersten Schritt eine Volksschule eingebaut. Der Platz vor dieser soll zum neuen Zentrum der Anlage und der ganzen Gemeinde werden. Denn es sind weitere Schritte geplant: Die Oberwarter Siedlungsgenossenschaft (OSG) hat das Areal erworben und will es entwickeln. Besonderes Interesse zeigen die Genossen dabei an den beiden Silotürme aus der Nachkriegszeit, die ein paar Meter südwestlich der Erbsenschälerei empor ragen. Diese sollen zu »Silofts« umgebaut werden, erste Entwürfe dafür liegen vor.

Die erwähnte Schule ist somit als eine Art Ankernutzung zu begreifen. Bis zu ihrer offiziellen Eröffnung am 27. August kommenden Jahres soll in dem Gebäudetrakt auch ein Dorfwirtshaus mit Schanigarten eingerichtet werden. Für den künftigen Wirt könnte das ein lukratives Geschäft sein, meint eine Reporterin des regionalen Magazins NÖN, die kürzlich an einem Rundgang auf dem Gelände teilnahm. Denn er soll auch die Kinder in der Schule und im Kindergarten mit Essen versorgen. Außerdem wird der ehemalige Veranstaltungssaal des Kulturzentrums an schulfreien Tagen für Geburtstagsfeiern oder Hochzeiten genutzt werden. Passenderweise seien auf der anderen Seite des Platzes derweil bereits »500 Quadratmeter für den Bau einer Kirche reserviert«, verriet Bürgermeister Gerhard Dreiszker (SPÖ). Ebenfalls am neuen Hauptplatz angesiedelt werden sollen eine Bäckerei und Konditorei.

Outros artigos nesta categoria