Neuer Blick auf Gordon Matta-Clark

Manuel Pestalozzi
10. 一月 2022
Gordon Matta-Clark, »Conical Intersect«, 1975, 16-Millimeter-Film in Farbe, ohne Ton (© Sammlung Generali Foundation, Dauerleihgabe am Museum der Moderne Salzburg | Foto: Werner Kaligofsky, Bildrecht, Wien 2021)

Vor über vierzig Jahren verstarb Gordon Matta-Clark (1943–1978) viel zu früh. Aktuell gibt die Schau »Out of the Box: Gordon Matta-Clark« Einblick in das künstlerische Denken des Amerikaners. Den Ausgangspunkt bilden dabei die umfangreichen Sammlungen und Archive am Canadian Centre for Architecture in Montreal (CCA) und der Generali Foundation am Museum der Moderne in Salzburg. Mit der Schau ist die dreiteilige Forschungs- und Ausstellungsreihe zu Gordon Matta-Clark erstmalig in Europa zu sehen, die in den Jahren 2019 und 2020 vom CCA organisiert wurde.

Gordon Matta-Clark, ohne Titel, 1974 (© Sammlung Generali Foundation, Dauerleihgabe am Museum der Moderne Salzburg | Foto: Werner Kaligofsky, Bildrecht, Wien 2021)
Neuentdeckungen

Der Titel »Out of the Box« ist wörtlich zu verstehen, denn die Ausstellung ist eine neue Präsentation und Interpretation von Material, das aus dem Archiv »gehoben« wurde. Das CCA hatte drei Kurator*innen mit unterschiedlichen Hintergründen – von zeitgenössischer Kunst, Film und Archivforschung bis hin zu sozialer Arbeit – eingeladen, die Sammlung aus zeitgenössischer Perspektive neu zu erkunden und zu interpretieren. Yann Chateigné, Hila Peleg und Kitty Scott widmeten sich persönlichen Korrespondenzen, Skizzenbüchern, bisher ungesehenem Filmmaterial, privaten Fotos, Zeichnungen zu Projekten sowie der Bibliothek Matta-Clarks und nahmen schließlich eine Auswahl vor. Entsprechend werden einige Objekte zum ersten Mal öffentlich zugänglich gemacht.

Filmstill von einer Exkursion zu Splitting, Englewood, New Jersey, 1974, Gordon Matta-Clark Collection, CCA, Schenkung des Estate of Gordon Matta-Clark (© Estate of Gordon Matta-Clark)

Auch die Generali Foundation hat für die Ausstellung eine neue Auseinandersetzung mit ihrem Archiv angestoßen. Sie beauftragte den renommierten Künstler Hans Schabus, in dessen Werk Kritiker ein starkes konzeptuelles, bildhauerisches und auch soziales Denken sehen. Er hat in der Folge ein mehrteiliges Projekt geschaffen, das auf empathische Weise einen Einblick in Matta-Clarks Kosmos geben soll, bestimmte Impulse des Künstlers aufgreift und diese weiterverfolgt. Es umfasst einen Ausstellungsteil, ein Künstlerbuch und ein Nahrungsmittelprojekt. 

Schabus hat für seinen Beitrag Gipskartonwände der vorhergehenden Ausstellung verwendet und komplett auf neues Material verzichtet: Anstatt wie sonst üblich die temporär für die Ausstellungsarchitektur eingezogenen Wände abzubauen und zu entsorgen, wurden sie zerlegt und neu arrangiert. Dieses Recycling bestätigt, dass die Auseinandersetzung mit Gordon Matta-Clarks Denkhaltung und seinem Werk hervorragend in unsere Zeit passt. Die Ausstellung, die noch bis zum 6. März dieses Jahres läuft, kann gerade Architekturschaffenden so inspirierende Impulse geben. Kunstbegeisterte und überhaupt Menschen mit Flair für Kultur kommen natürlich sowieso auf ihre Kosten.

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