Licht digital

Thomas Geuder
16. Februar 2016
LWL – Museum für Kunst und Kultur, Münster 2014, Architektur: Staab Architekten, Berlin (Foto: Marcus Ebener / Licht Kunst Licht)

Thomas Geuder: Sie sind bekannt für Ihre ästhetisch anspruchsvollen und einprägsamen Konzepte, die diese Qualität nicht zuletzt auch durch den Umgang mit Licht erhalten. Ab welchem Zeitpunkt im Entwurf beginnt in Ihrem Sinne idealerweise die zeitgemäße Lichtplanung?
Andreas Schulz: Bestenfalls natürlich bei der Ideenfindung der Architekten, wie z. B. geschehen im Museum der Bayerischen Könige in Hohenschwangau oder auch bei dem gerade im Bau befindlichen Umbau des Landtages in Stuttgart.

In der Gesellschaft ist die digitale Revolution längst angekommen, im Bauwesen nimmt sie teilweise erst jetzt so richtig Fahrt auf. Welche Chancen sehen Sie in der Digitalisierung von Gebäuden?
Für unser Gewerk heißt das natürlich die Digitalisierung des Lichtes, die eine Fülle von Möglichkeiten mit sich bringen wird, von denen wir bisher nur geträumt haben. Das Licht kann jetzt nicht nur in seiner Quantität stufenlos geregelt werden, sondern auch in seiner Qualität, d. h. Lichtfarben und Farbtemperaturen können eingestellt werden, sodass neben einer Tageslichtstimmung auch eine Kunstlichtfassung aus der gleichen Leuchte möglich wird.

Museum der Bayerischen Könige, Hohenschwangau 2011, Architektur: Staab Architekten, Berlin (Foto: Marcus Ebener / Licht Kunst Licht)

Das Licht ist ein Baustein eines komplexen, gebäudeinternen Smart Grids, wenn auch für die Gesamtenergiebilanz oft ein eher untergeordneter, so doch für die Wahrnehmung beim Nutzer ein enorm wichtiger. Welche Position hat der «Faktor Nutzer» in einem intelligenten Gebäude noch?
Natürlich nach wie vor die Hauptposition, denn wir bauen ja Gebäude für den Menschen oder – in Ihrem Terminus – den (Be-)Nutzer. Insofern hat sich auch das Smart Grid dem unterzuordnen und muss für den Menschen einfach handhabbar bleiben.

In einem Haus, in dem alle Geräte in einem Smart Grid miteinander vernetzt sind, ist eine ausgefeilte und intelligente Steuerung der Energieströme möglich, aber auch eine detaillierte Überwachung denkbar. Wie nehmen Sie Ihrem Bauherrn die Angst vor der Digitalisierung seines Gebäudes?
Zu diesen Ängsten ist es bisher noch nicht gekommen – wir würden unseren Bauherren keine Anlage empfehlen, die irgendwelche Lücken offenbart, die wir selbst oder er nicht einsehen kann.

Früher war vieles technologisch simpler: «Licht an» erreichte man, indem man auf einen Kippschalter drückte, der sich immer irgendwo in der Nähe der Tür auf Ellenbogenhöhe befindet. Zukünftig soll dies dezentral über das eigene Smart-Phone geschehen. Was denken Sie persönlich: Wird der Nutzer alte, liebgewonnene Gewohnheiten überhaupt über Bord werfen wollen?
Ja, das wird er, weil eine neue Generation von „Usern“ heranwächst, die das Smartphone oder auch das „Tablet“ so selbstverständlich wie einen Lichtschalter kennenlernt.

Boulevard Berlin, Berlin 2012, Architektur: Ortner & Ortner Baukunst, Berlin (Foto: Dimitrios Katsamakas / Licht Kunst Licht)

Die vernetzte Gebäudetechnologie macht es möglich, dass wirklich alle Verbraucher im Haus miteinander verwoben sind und bei Bedarf sogar miteinander kommunizieren können. Auch für den Planer öffnet dies ganz neue Felder. Denkt der Lichtplaner Andreas Schulz bei seiner Arbeit auch an Dinge wie das Raumklima?
Wir denken immer ganzheitlich und das Raumklima ist uns genauso wichtig, wie die Akustik. Letztendlich werden ja alle Sinne angesprochen, um zu einem „sich wohlfühlen“ zu kommen.

Mit der LED ist es bereits möglich, eine Lichtquelle nahezu unsichtbar zu machen. Gänzlich andere Möglichkeiten böten OLEDs, die jedoch in der Praxis nur selten angewendet werden. Was versprechen Sie sich von dieser Technologie?
Die OLED war uns anwendungstechnisch schon vor 5 Jahren versprochen, sie steckt aber immer noch in den Kinderschuhen. Irgendwann wird diese Technologie sicherlich soweit sein, dass man sie einsetzen kann – bisher ist sie aber eine fast unsichtbare, eher diffus strahlende Leuchte. Diffuses Licht ist eine wichtige Komponente in der Lichtplanung, aber auch scharfes, Schatten produzierendes Licht ist ein wichtiges Ingredenzium in dem Zusammenspiel der Elemente. Aus unserer Sicht ist die OLED nur eine der Zukunftsmöglichkeiten, das Licht weiter zu digitalisieren.

Vielen Dank für das Gespräch.

City Tunnel, S-Bahn Station «Wilhelm-Leuschner-Platz», Leipzig 2012, Architektur: Max Dudler Architekt, Berlin (Foto: Christian Günther / Licht Kunst Licht)
Drachenfelsplateau, Königswinter 2013, Architektur: pape + pape architekten bda, Kassel (Foto: Lukas Roth / Licht Kunst Licht)
Drachenfelsplateau, Königswinter 2013, Architektur: pape + pape architekten bda, Kassel (Foto: Lukas Roth / Licht Kunst Licht)
LWL - Museum für Kunst und Kultur, Münster 2014, Architektur: Staab Architekten, Berlin (Foto: Marcus Ebener / Licht Kunst Licht)
ThyssenKrupp Quartier, Essen 2010, Architektur: JSWD Architekten GmbH & Co. KG, Köln + Atelier d’architecture Chaix & Morel et associés, Paris (Foto: Lukas Roth / Licht Kunst Licht)
Im Praxis-Gespräch
Andreas Schulz
Licht Kunst Licht AG
Bonn und Berlin, DE

Gezeigte Projekte
LWL - Museum für Kunst und Kultur
Münster, DE
Architektur: Staab Architekten, Berlin
Fertigstellung: 2014
Bau der Woche: Verzahnt mit dem Ort

Museum der Bayerischen Könige
Hohenschwangau, DE
Architektur: Staab Architekten, Berlin
Landschaftsarchitektur: realgrün, München
Tragwerk: ifb frohloff staffa kühl ecker
Fertigstellung: 2011
Praxis: Zwei Berliner im Allgäu

Boulevard Berlin
Berlin, DE
Architektur: Ortner & Ortner Baukunst, Berlin
Fertigstellung: 2012

City Tunnel, S-Bahn Station «Wilhelm-Leuschner-Platz»
Leipzig, DE
Architektur: Max Dudler, Berlin
Fertigstellung: 2012

Drachenfelsplateau
Königswinter, DE
Architektur: pape + pape architekten bda, Kassel
Landschaftsarchitektur: plandrei Landschaftsarchitektur, Erfurt
Fertigstellung: 2013
Bau der Woche: Kubus statt Koloss
Praxis: Licht für jeden Genuss

ThyssenKrupp Quartier
Essen, DE
Architektur: JSWD Architekten, Köln + Atelier d’architecture Chaix & Morel et associés, Paris
 
Fertigstellung: 2010