Immanuel-Kirche und Gemeinedezentrum
Eine neue Kirche
4. December 2013
Köln-Stammheim, Bonhoefferstraße: Glockenturm und Zugang zur Immanuelkirche.
Ja, wo gibt’s denn so was? Allenthalben hört und liest man, wenn es um Kirchen geht, von Leerstand, Umwidmung und Abriss. Gotteshäuser werden zu Museen oder Konzertsälen umgenutzt oder – gänzlich profanisiert – in Sporthallen oder Wohnhäuser verwandelt. Und in so einer Zeit baut man in Stammheim, am äußersten Rand von Köln (op de schäl Sick vun Kölle) eine neue, architektonisch sehr anspruchsvolle Kirche? Ja, obendrein eine evangelische. Und das im erzkatholischen Köln.
Der Freiplatz vor der Kirche wirkt wie ein Dorfanger, er ist gegenüber der Bonhoefferstraße leicht angehoben und hufeisenförmig von alten Bäumen umstanden.
Mit der S6 fährt man vom Hauptbahnhof Köln eine Viertelstunde bis Stammheim. Es schaut sehr ländlich aus. Mit der Buslinie 155 kommt man von dort zur neuen Kirche im Ortszentrum. Ringsum nicht immer stilsicher, aber doch liebevoll individualisierte Reihenhauszeilen und niedrige Wohnblöcke. Das Nachbardörfchen Flittard war bis 2004 eine eigenständige Kirchengemeinde – mit einer arg in die Jahre gekommenen Kirche von 1959. Die Gemeinden Flittard und Stammheim wurden zusammengelegt, und statt die neue Kirche zwischen beide Orte auf die grüne Wiese zu setzen, entschied man sich für das mitten in Stammheim gelegene Grundstück des Bonhoeffer-Gemeindezentrums (Baujahr 1969). Mit dem Verkauf der Immobilie „Lukas-Kirche“, Spendengeldern (beachtliche 320.000 Euro) und einem Zuschuss vom Kirchenverband konnte jetzt der Stammheimer Neubau in Angriff genommen werden.
Der Gottesdienstraum hat zusammen mit der Empore Platz für 206 Personen, er kann bei Bedarf sowohl zum Foyer als auch zu den flankierenden, niedrigeren Seitenflügeln hin erweitert werden. Altar, Kanzel und Taufbecken wurden aus dem Bonhoeffer-Haus übernommen.
Das Budget war mit 3,7 Millionen Euro keineswegs üppig. Und doch wurde ein beschränkter Wettbewerb unter sechs geladenen Architekturbüros ausgelobt. Das Berliner Büro Sauerbruch Hutton gewann den Wettbewerb mit einem Entwurf, der das Halbrund des Angers nicht durchbricht. Die Materialwahl Holz gibt deutlich zu erkennen, dass man beim Bau mit wenig Geld auskommen musste. Und doch ist dabei keine ärmliche Kirche entstanden. Holz, wohin man schaut, weiß gebeizt, schmucklos – aber als Vorbereitung der Sinne auf die in ihrer Farbigkeit eher gedämpfte Stirnwand außerordentlich wirkungsvoll. Hinter dieser Stirnwand ist die Orgel verborgen. Die beeindruckende Kraft der Architektur liegt in ihrer Einfachheit und fast puritanischen Strenge aller Details.
Wilfried Dechau
Vorwiegend erdfarben lackierte, auf Lücke montierte Holzstäbe bilden einen »Vorhang«, der sich, wenn der Organist zu spielen beginnt, zum raumhohen »Lautsprecher« wandelt.
Das Foyer. Die eingehauste Treppe führt direkt vom Eingangsbereich hinauf zur Empore.
Die Empore. Holz, wohin man schaut. Weiß gebeizt, schmucklos – aber als Vorbereitung der Sinne auf die in ihrer Farbigkeit eher gedämpfte Stirnwand außerordentlich wirkungsvoll.
Axonometrie
EG
OG
Immanuel-Kirche und Gemeinedezentrum
2013
Bonhoefferstraße 8
51061 Köln
Bauherr
Ev. Brückenschlaggemeinde
Köln-Flittard/Stammheim
Architekt
Sauerbruch Hutton
Berlin
Projektleiter
Jürgen Bartenschlag
Vera Hartmann
Mitarbeiter
Matthias Cremer
Anja Frenkel
Tom Geister
Stephanie Heese
Falko Herrmann
Wilhelm Jouaux
Nina Sleska
Karolina Sznajder
Wolfgang Thiessen
Anja Vogl
Projektsteuerung
Volker Langenbach
Architektur + Projektsteuerung (lb)²
Landschaftarchitekten
Hager Partner AG
Tragwerksplanung
Horz + Ladewig
Ingenieurgesellschaft für Baukonstruktionen
Lichtplanung
Studio Dinnebier
Technische Gebäudeausrüstung
HDH, Ingenieurgesellschaft
für technische Gebäudeausrüstung
Rohbau
Otto Quast
Berlin
Fassaden
Holzbau Sauer
Dingelstädt
Fenster
Tischlerei Voigt
Königswartha
Holzbau
Holzbau Sauer
Dingelstädt
Glaskonstruktion
Tischlerei Voigt
Königswartha
Innenausbau/ Einrichtung
Gebrüder Campinge
Köln
Boden
R. Bayer Betonwerkstein
Blaubeuren
Bruttogeschossfläche
880 m²
Fotografie
Wilfried Dechau