Pennymarkt mit Bäcker
Schnittige Kurve
20. fevereiro 2013
So geht das mit dem genius loci: Die Krümmung der Straße wurde aufgenommen und in eine langgestrecktes Fassadenband übersetzt. Rechts im Bild ist der Aufbau zu sehen, der den Abschluss markiert und mit Vordach zum Eingang führt.
Immer noch schaut man hierzulande neidisch nach Österreich, wo etwa die Gebäude der Lebensmittelmarktkette MPreis höchsten Ansprüchen genügen und dafür regelmäßig ausgezeichnet werden – im vergangenen Jahr erhielt eine Filiale den best architects award. Immerhin machen Einzelfälle Mut, wie etwa der Verbrauchermarkt Daiber in Wangen, über den wir letztes Jahr berichteten.
Der Supermarkt liegt an der Schwelle von Industrie- zu Wohngebiet. Elegant führt die geschwungene Fassade in die Stadt hinein.
Es muss eben nicht immer die fantasielose Hütte mit flach geneigtem Satteldach sein. Ein weiteres Beispiel für einen über übliche Banalitäten sich erhebenden Supermarkt steht in Offenbach. Man muss gar nicht viel der großen Worte verlieren. Die Architekten haben sich bei der Gestaltung einfach des Schwungs der am Gelände vorbeiführenden Bundesstraße bedient, sie in die Gebäudeform übersetzt und die Fassade als Klinkerfassade ausgeführt. Der Wechsel von bräunlichen und violetten Steinen ergibt sich eine lebendige Fläche, die Horizontale wird mit hervorstehenden Bändern aus Klinkern und einem durchlaufenden, schmalen Fensterband akzentuiert.
Die Entsprechung zu Aufbau und Vordach am nördlichen Gebäudeeck: eine mit Holz verkleidete Scheibe für die beiden Firmenschilder.
Diese mit wenigen Mitteln effektvoll gestalteten Fassade erinnert wohl nicht zufällig an die Architektur der 1920er, die die Freude am damals noch neuen Erlebnis von bis dahin unerlebter Geschwindigkeit auf die Architektur übertrug, so wie hier die am Gebäude vorbeiführende Straße Inspirationsquelle gewesen sein dürfte. Die Kurve endet in einem mit Holzlatten verkleideten Aufbau. Hier setzt eine Glasfassade an, ein um die Ecke geführtes Vordach leitet zum Eingang und einem Vorbau für ein kleines Café.
Grundriss
Im Innern gibt es nichts die Architektur betreffend Bedeutendes zu entdecken, aber gerade das macht deutlich, was hier geleistet wurde: Ein normaler Discounter wurde mit wenigen Mitteln nobilitiert und angemessen in den Stadtraum integriert. Gerade das ist es ja, was man sonst vermisst: dass man sich den vermeintlich undankbaren Aufgaben so widmet, dass man auch an ihnen seine Freude hat.
Christian Holl
Pennymarkt mit Bäcker in Offenbach
2012
Arthur-Zitscher-Straße 1
63065 Offenbach
Bauherr
4.BAMAC Verwaltungs GmbH
Mannheim
Architekten
Architektenkontor Faller & Krück
Frankfurt
Projektleiter
Axel Krück
Verkehrsplanung
Projekt 62 Consult GmbH
Worms
TGA Planung und Bauleitung
Bernd Reimann
Graben-Neudorf
Tragwerksplanung
Ahrens Ingenieure
Wiesbaden
Bruttogeschossfläche
ca. 1260 m²
Fotografie
Dieter Rüchel (1, 2)
Architektenkontor Faller & Krück