Innovationszentrum

Autor:
Peter Petz
Veröffentlicht am
Sept. 7, 2011

Bögl Gierer Architekten werden mit dem Projekt Innovationszentrum der Max Bögl Bauunternehmung in Neumarkt / Opf. mit einem „best architects 12“ Award in Gold ausgezeichnet. Max Bögl und Andreas Gierer beantworten unsere Fragen.
Die Plattform als zentrales Element verbindet die beiden Bestandsbauten mit dem Neubau. 
Was hat Sie an der Bauaufgabe am meisten interessiert?
Das Projekt entstand im Rahmen einer Serie von Neubauten, die das aktuelle bauliche Erscheinungsbild des Auftraggebers prägen. Die Gebäude des Innovationszentrums sind dabei nur ein Teil des Gesamtgeländes, auf dem Neuentwicklungen im Bereich des Betonfertigteilbaus erprobt und präsentiert werden. Man kann die Anlage deshalb in einem Gesamtzusammenhang sehen mit dem 2009 entstandenen Verwaltungsgebäude (best architects 10) und dem gerade in Bau befindlichen Wohnheim für Mitarbeiter.
Unser Interesse war es, mit der Einbettung des Innovationszentrums eine Klärung der „städtebaulichen“ Situation des Industriegeländes in Verbindung mit der Topografie und den Verkehrstrassen zu erreichen.
Die Eingangsfassade des Schulungsgebäudes bildet das Gegenüber zum historischen Bahnhof. 
Welche Einflüsse hatte der Kontext auf Ihren Entwurf?
Das Umfeld ist sehr heterogen. Neben dem schmalen und langen Baugrundstück findet man das Industriegelände des Auftraggebers, eine Bundesstrasse und den alten Ludwig-Donau-Main-Kanal, der zusammen mit dem historischen Bahnhof ein Zeichen der frühen Industrialisierung der Region ist.
Mit dem Eingriff wurde daher eine Ordnung der Umgebung angestrebt. Dabei bildet der Bahnhof mit seiner Gleistrasse den Kristallisationspunkt des Geländes. Mit der Vorgehensweise der Modifikation wurden die bestehenden Strukturen in ein neues Ensemble übergeführt: der ehemalige Bahnsteig ist nun die zentrale Eingangsplattform zu den Gebäuden und die ehemalige Gleistrasse bildet den Zugang zum Gelände.
In der Schulungsebene entsteht eine kreuzförmige Verbindung zwischen horizontalem Raumfluss und vertikaler Entwicklung der Innenräume. 
Wie kam es zur Form des Gebäudes?
Das Gebäude folgt keiner vorhandenen Typologie, sondern ist sehr stark durch die örtlichen Gegebenheiten definiert. Es ähnelt einem Strangpressprofil, das sich mit seiner Länge an die Plattform und damit an die Ausdehnung der historischen Gebäude anpasst. In Querrichtung ist es aufgrund des vorhandenen Geländeverlaufs treppenartig abgestuft. Mit diesen beiden Parametern ist das Gebäude bereits im Wesentlichen definiert. Von außen erkennt man drei gleich hohe Stufen, die unterschiedliche Räume und Funktionen enthalten. In der obersten Stufe befindet sich der Empfangsbereich, in der Mittleren die Schulungsräume mit den großen Raumhöhen und die Unterste nimmt den Innenhof auf. Die Abtreppung ist auch im Inneren erlebbar, da es ein Raumkontinuum vom oberen zum unteren Niveau gibt. Äußeres Abbild dieses inneren Zusammenhangs ist die Verzahnung in der Fertigteilstruktur der Giebelfassaden.
Im ehemaligen Bahnhof befinden sich die Gasträume. Boden, Wandverkleidung und Möbel sind aus demselben Material gefertigt.  
Welches architektonische Thema war Ihnen besonders wichtig?
Wir denken, dass die Umformung der ehemaligen Bahnsteigsituation zur zentralen Plattform des Geländes der entscheidende Eingriff ist. Das bauliche Element ist dabei die Betonplatte der Plattform, die sich nach der Sockelhöhe und den Abmessungen der Bestandsgebäude richtet und die drei Gebäude zusammenbindet.
Außerdem wollten wir den Geländesprung im Gebäude zum Ausdruck bringen, wobei sich die innere Abtreppung der Niveaus deutlich von den äußeren drei stufenartigen Volumen unterscheidet. Das äußere Erscheinungsbild ist also keine klare Wiederholung der inneren Verhältnisse, sonder eher deren Abbild. Außen- und Innenkontur des Gebäudes sind je nach beabsichtigter Wirkung unterschiedlich: ein klassisches Thema in der Architektur.
Die Schulungsräume haben eine vom Rand zurückgesetzte erhöhte Mittelzone, die jedem Raum eine gewisse Eigenständigkeit verleiht. Die Kontur dieser Mittelzone wird im Umriss der Buchsbaumhecken wiederholt, so dass jedem Raum sein kabinettartigen Garten im Innenhof zugeordnet ist.
Bei der Neuorganisation des bestehenden Bahnhofs standen wir vor der Aufgabe, in den kleinen Räumen eine möglichst hohe Anzahl von Personen zu bewirten, in Verbindung mit den dafür notwendigen Nebenfunktionen wie Küche, et cetera. Der Innenausbau sollte einen ruhigen und einheitlichen Hintergrund für die räumliche Enge und die Vielzahl der unterschiedlichen Zimmer bilden. Er besteht aus einer Holzschale, die als Boden- und Wandverkleidung in den Bestand implantiert wurde. Aus einem Baumstamm wurden Dreischichtplatten gefertigt, die sowohl für den Boden als auch für die Wand und den Möbelbau verwendet wurden. So entsteht über das Material ein homogenes Erscheinungsbild, wie man es von historischen Gasthöfen kennt. Die Möbel knüpfen an Vorbilder aus verschiedenen Epochen an und ergänzen so die Balance zwischen Alt und Neu.
Lageplan 
Querschnitt 
Können Sie uns durch das Ensemble führen?
Man erreicht die Anlage auf der Achse der früheren Bahnlinie und gelangt auf die zentrale Plattform. Von dort betritt man zum einen das Hauptgebäude des Bahnhofs, in dem sich die Räume zur Bewirtung befinden und zum anderen die Empfangsebene des Schulungsgebäudes. Die großformatigen Fenster dieser Empfangsebene lassen sich zur Plattform öffnen und bieten die Möglichkeit zu Veranstaltungen und Präsentationen in der Verbindung von Innen- und Außenraum. Über eine Treppe gelangt man auf die untere Ebene, auf der sich die drei zusammenschaltbaren Schulungsräume befinden. Diese Räume sind sowohl zum Flur als auch zum Innenhof verglast, so dass ein Raumkontinuum entsteht, das den Außenraum des Innenhofs mit einschließt.
Der Weg endet in den stilisierten Gärten des Innenhofs, der die Räume vom Lagerplatz abschirmt.
Grundriss der Plattformebene 

Mehr über den „best architects 12“ Award finden Sie hier


Innovationszentrum der Max Bögl Bauunternehmung in Neumarkt / Opf.
„best architects 12“ Award

Jury
Prof. Piet Eckert | e2a eckert eckert
Zürich
Prof. Peter Sapp | querkraft architekten
Wien
Till Schneider | schneider+schumacher
Frankfurt am Main

Auszeichnung „best architects 12“
in Gold
Bögl Gierer Architekten
München

Mitarbeiterinnen
Kristin Wohlhüter
Katharina Meyer
Christine Hess
Veronika Gut

Auftraggeber
Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG
Neumarkt/Opf.

Tragwerksplanung
Ingenieurbüro Braun Haas Lerzer
Neumarkt
Ingenieurbüro Mederer
Postbauer-Heng

Entwurf
2008

Fertigstellung
11|2010

Leistungsphasen
1-5

Nutzfläche
630 m²

Bruttorauminhalt
3.515 m³

Fotografie
Michael Heinrich
München