Differenziertes Raumgefüge

Autor:
Peter Petz
Veröffentlicht am
Sept. 28, 2011

bogevischs buero gewinnt den Wettbewerb Mehrgenerationenplatz in München-Forstenried. Rainer Hofmann und Julius Klaffke stellen sich unseren Fragen zum Wettbewerb.
Blick auf den Mehrgenerationenplatz 
Wie haben Sie die Wettbewerbsaufgabe interpretiert?
Das Wettbewerbsgebiet liegt in einem Stadtraum heterogener Prägung. Nach Westen ist das Grundstück in die gemischte Struktur des Stadtteils Forstenried eingebunden. Im Osten liegen eine übergeordnete Grünverbindung und dahinter ein Gewerbegebiet. An zwei Seiten ist das Grundstück von stark befahrenen Straßen umgeben.

Der Entwurf reagiert auf der stadträumlichen Ebene in einer schützenden Haltung und klaren Positionierung gegenüber dem Straßenraum und der dominanten Kreuzung im Nord-Osten. Gleichzeitig bilden fließende Räume den Übergang in benachbarte Wohnquartiere und Grünraum.

Unser Anliegen ist die Schaffung eines Ortes, der es zu jedem Zeitpunkt seiner schrittweise erfolgenden Realisierung ermöglicht, sich zu identifizieren und heimisch zu fühlen. Der Raum zwischen den Gebäuden lässt diese Verbindung entstehen. Zunächst zwischen Unterstufe, Kinderhaus und temporärem Schulbau, später in einem differenzierten Gefüge zwischen Wohnbau und Schule wird ein Mehrgenerationenplatz entstehen.
Schwarzplan, Freiraum, Bauabschnitte, Nutzungen 
Welche Nutzungen sind vorgesehen? Welche Rolle spielen die Freiräume in Ihrem Entwurf?
An diesem Mehrgenerationenplatz entsteht die Waldorfschule München Südwest mit Theatersaal, Kinderkrippe und Kindergarten, sowie ein genossenschaftlicher Wohnungsbau der WOGENO mit circa 90 Wohnungen.

Dem Freiraum kommt in dieser Anlage eine besondere Bedeutung zu, denn zum einen haben Wohnungsbau, Schule und Kindergarten ihre spezifischen Anforderungen an den Freiraum, die es zu erfüllen gilt. Darüber hinaus wird der Freiraum des Mehrgenerationenplatzes zu einem Ort der Begegnung und des Austauschs zwischen Schule und Genossenschaft.

Die Gebäude stehen sich so gegenüber, dass eine Mitte entsteht, die von allen gemeinsam genutzt und belebt wird. Durch die Lage und Ausformung der einzelnen Baukörper entstehen gleichzeitig Teilräume, die auf die spezifischen Bedürfnisse der einzelnen Nutzergruppen reagieren.
Erdgeschoss 
Welches architektonische Thema war Ihnen besonders wichtig?
Die Verschränkung der Baukörper und Freiräume, wie sie in unserem Entwurf zum Ausdruck kommt, lässt sich aus den Anforderungen des Ortes und der Nutzer ableiten und stellt ein wichtiges Motiv unseres Entwurfsansatzes dar. Das Ergebnis ist ein differenziertes Raumgefüge um eine gemeinschaftliche Mitte.

Es entstehen Räume, in denen sich die hier lebenden Generationen begegnen können, aber nicht müssen. Denn jede Nutzungseinheit hat ihren eigenen Bereich. Der Schulhof wird von den Schulgebäuden gerahmt und der Wohnungsbau hat seinen eigenen Hof im Süden des Areals.

Die Architektur der Gebäude hat weniger bei bestimmten Bildern einer „Waldorfarchitektur“ ihren Ausgangspunkt, als vielmehr bei der Vorstellung einer Erdverbundenheit und Ehrlichkeit ihrer Materialität.
Perspektive, Ansichten 
Welche Materialstrategie schlagen Sie vor? Wie sieht Ihr Energiekonzept aus?
Für den Schul- und Wohnungsbau soll eine Konstruktion zum Einsatz kommen, welche die Struktur des Hauses erlebbar macht. Die haptischen Qualität der Oberflächen hat eine große Bedeutung.

Unser Energiekonzept zielt auf eine Minimierung des Eigenverbrauchs durch eine hochwertige Gebäudehülle mit wärmebrückenfreien Konstruktionen, hohem Dämmstandard und Verwendung von schadstoffarmen Baustoffen mit geringen Umweltwirkungen.
Außerdem soll eine wirtschaftliche und sinnvolle Nutzung der lokal verfügbaren erneuerbaren Energiequellen für die Wärmeerzeugung heran gezogen werden.
Eine hohe Raumluftqualität im Winter- und Sommerfall mit Optimierung der thermischen Behaglichkeit wird durch vornehmlich bauliche, passive Maßnahmen wie Flächenheizungen und einem innovativen Lüftungskonzept mit hochwertiger Wärmerückgewinnung als kontrollierte Wohnraumlüftung erreicht.
Die einfache Anlagentechnologie dient der Vermeidung von intensiven Wartungs- und Unterhaltskosten.
Fassadendetail, Energiekonzept 
Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?
Die Schulanlage soll über einen Zeitraum von 10 Jahren in mehreren Abschnitten realisiert werden. Der erste Bauabschnitt mit Kinderhaus und Unterstufe soll 2013 in Betrieb genommen werden. Darauf folgen Mittelstufe und Mensa, dann die Oberstufe und Sporthalle. Den Abschluss soll der Theatersaal bilden. Der Wohnungsbau wird zeitgleich mit dem ersten Bauabschnitt der Schule realisiert.
Modell (Foto: Böhm Glaab Sandler Mittertrainer, Architektur und Stadtplanung, München) 

Die komplette Wettbewerbsdokumentation finden Sie in
wa 10/2011
Mehrgenerationenplatz in München-Forstenried
Begrenzt offener Wettbewerb mit Bewerbungsverfahren

Jury
Prof. Jörg Aldinger, Vors.
Prof. Dietrich Fink
Prof. Nikolaus v. Kaisenberg
Ina Laux
Rita Lex-Kerfers
Susanne Ritter
Jorunn Ragnarsdóttir
Prof. Georg Sahner

1. Preis
bogevischs buero, architekten & stadtplaner
München
L.Arch.: Grabner + Huber
Freising

2. Preis
plus + bauplanung GmbH
Neckartenzlingen
L.Arch. : faktorgruen
Freiburg

3. Preis
Bayer & Strobel Architekten
Kaiserslautern
L.Arch : micheller und schalk
München