GVTB-Betonpreis für Wiener Schulanlage
Manuel Pestalozzi
13. 9月 2022
Bauteilaktivierung und ein gutes Beschattungskonzept sorgen auch im Hochsommer für ein angenehmes Raumklima. (Foto © Kurt Hoerbst)
Der Campus Liselotte Hansen-Schmidt in der Seestadt Aspern wurde mit dem Ziel einer annähernden Energieautarkie geplant. Bauteile aus Beton gehören zum Energiekonzept. Für die Lobbyisten des umstrittenen Materials ist das richtungsweisend.
1400 Kinder lernen auf dem Bildungscampus Liselotte Hansen-Schmidt von kub a / Karl und Bremhorst Architekten in der Seestadt Aspern. Drei Kleinkindergruppen, neun Kindergartengruppen, 17 Volksschulklassen, 16 Neue-Mittelschulklassen und vier sonderpädagogische Gruppen sind in der Anlage untergebracht. Mehrere Klassen sind zu größeren Einheiten zusammengeschlossen und versammeln sich um eine gemeinsame Mitte. Dort kann zusammen gelernt, aber auch getobt werden. Zudem wird so der Austausch unter den Kindern über Klassengrenzen hinweg gefördert.
Neben der architektonischen Ausgestaltung spannend ist das Energiekonzept: Sonne, Wind und Erdwärme sollen für ein nahezu energieautarkes Gebäude sorgen. Zudem wurde die Fassade begrünt, um die bau- und umweltklimatischen Eigenschaften weiter zu verbessern – auch für das Quartier rundherum. Und dieser Plan scheint aufzugehen.
Foto © Kurt Hoerbst
Im August führten Ute Schaller von der Baudirektion der Stadt Wien und Architekt Andreas Bremhorst anlässlich der Verleihung des Betonpreises des Güterverbands Transportbeton (GVTB) durch die Anlage, die seit mittlerweile über einem Jahr in Betrieb ist. Und selbst an diesem heißen Hochsommertag betrug die Temperatur in den Innenräumen angenehme 22 Grad. Möglich wird das durch die Kombination der angesprochenen Wärmepumpen mit einer Bauteilaktivierung und einer durchdachten Beschattungslösung. Ute Schaller erinnerte daran, dass für die Stadt Wien Klimaanlagen nach wie vor ein No-Go sind und alle neuen Bildungsbauten über eine Bauteilaktivierung verfügen. Aus architektonischer Sicht barg dies im konkreten Fall einige Herausforderungen: »Eine abgehängte Decke unter einer bauteilaktivierten Decke – das war schon spannend. Aber es funktioniert tadellos«, freute sich Andreas Bremhorst.
Foto © Kurt Hoerbst
»Beim Campus werden alle Eigenschaften des Baustoffs [Beton] perfekt genutzt«, lobte Anton Glasmaier, der Vorstandsvorsitzende von Beton Dialog Österreich (BDÖ), das ausgezeichnete Projekt. Für ihn ist der Campus Beweis dafür, dass auch der ökologisch problematische Baustoff Beton nachhaltig eingesetzt werden kann – als Teil eines stimmigen und durchdachten Gesamtkonzepts. Die Jury des Lobbypreises hält das Energiesystem der Anlage, das vom Büro Kuster Energielösungen entwickelt wurde, für richtungsweisend bei Bildungsbauten.
Tatsache ist, dass Beton in der Bauwirtschaft noch länger eine Rolle spielen wird und sein Einsatz trotz großer ökologischer Bedenken heute noch nicht völlig verzichtbar ist. Auch dass das Material bei allen Nachteilen in gewissen Situationen Vorteile bietet, mag stimmen. Dennoch muss sein Einsatz eingeschränkt werden, und die Industrie ist angehalten, den Baustoff zumindest umweltfreundlicher zu machen. Inwiefern ein Campus aus Beton tatsächlich richtungsweisend sein kann, bleibt somit dahingestellt, auch wenn das Projekt architektonisch gewiss gelungen ist.