Alte Strukturen neu gedacht

columbosnext
23. Juni 2023
Gruppen- und Yogaraum (Foto: Lisa Walzl)
Herr Breitenlechner, worin liegt das Besondere an diesem Projekt? Und was inspirierte Sie?


Unverhofft kommt oft! Aufgrund einer unvorhergesehenen Familiensituation überlegten Maria und ich, die wir eigentlich in einem ganz anderen Feld arbeiten, 2020 das sehr traditionell geführte Hotel in Leutasch zu übernehmen und auf unsere Weise umzugestalten. Zwei Dinge standen sofort fest: Wir würden durch Reduktion den Betrieb so umgestalten, dass das Hotel mit geringem Aufwand zu führen ist. Und wir würden uns selbst treu bleiben, was bedeutet, eine ganz neue Klientel von Gästen anzusprechen.

Aus den ehemaligen 13 Hotelzimmern entstanden sieben Apartments mit unterschiedlichen Grundrissen. Im Hinblick auf die vorhandene Bausubstanz konnten durch geschickte Planung mit relativ geringem baulichen und auch finanziellen Aufwand coole Apartments für Urlaubende umgesetzt werden. Die aus den 1980er-Jahren stammenden Zimmer wurden vereint, getrennt und gestückelt, die breiten Gänge als Küche umgestaltet und die Durchgänge als Garderoben genutzt. Funktional, ästhetisch und lässig sollte es werden. 

Der kreative Umgang mit dem Alten und das Einsetzen von »hausgemachten« Design-Interiors machen die Wohnungen auf Zeit zu etwas Besonderem. Aber das Gebäude ist mehr als nur Wohnraum und wird peu à peu von der neuen Generation mit ihrer Handschrift »besetzt«: Die neuen Materialien und die überlegten Farbkonzepte lassen einen frischen Wind durch das Haus wehen. Bilder, Fotos und architektonische Arbeiten sowie eine Bibliothek versprühen über das ganze Haus verteilt eine Atmosphäre der Offenheit und des Freigeists. Der Gruppen- und Yogaraum mit Zugang zum Garten strahlt Leichtigkeit und Charme aus, der angrenzende Therapieraum Ruhe und Weitblick. Die Gemeinschaftsküche bietet Gelegenheit zum gemeinsamen Kochen und für Gespräche.

Praxisraum (Foto: Lisa Walzl)
Frühstückscafé (Foto: Günter Richard Wett)
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?


Leutasch auf dem Tiroler Hochplateau ist ein sehr traditioneller Ort, was sich auch in der dortigen Hotelarchitektur zeigt. Das dunkle Holz der Decken, das in den 1980er-Jahren modern war, wurde ersetzt durch Farbe und Fröhlichkeit. Die Herausforderung war, die charmanten Seiten des Hauses mit Modernem zu kuratieren. 

Psychtherapiepraxis (Foto: Lisa Walzl)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?


Die Prämisse des Vorhabens liegt tief in unserer Natur: Wir bleiben uns selbst treu und verstellen uns nicht. Die Orientierung war nicht eine nach außen gerichtete (wie so oft in der Hotellerie), sondern sozusagen ein »Gestalten von innen heraus«. Eine Grundvoraussetzung war von Anfang an und ist es noch immer, selbst gerne in diesem Haus wohnen und urlauben zu wollen. Wir haben die Haltung, dass wir dadurch Menschen anziehen, die zu uns passen und mit denen wir gerne unter einem Dach leben. Das Haus ist ein Ort der Kreativität, der Gemeinschaft und der Progression geworden.

Wohnung »Stöckl« (Foto: Günter Richard Wett)
Was hat zum Erfolg des Projekts beigetragen? Wie verlief der Planungsprozess?


Aufgrund der spontanen Übernahme und der zu Beginn im Raum stehenden (großen) Frage, ob der Plan mit den Apartments aufgehen würde, war das Haushalten mit kleineren Geldmitteln ein großes Thema. Mit viel Engagement und einem Team von Gleichgesinnten, das bis spät in die Nacht mit Geist und Herz beteiligt war, tüftelte und sinnierte, konnte schließlich ein gut gelungenes Projekt umgesetzt werden. 

Gemeinschaftsküche (Foto: Jakob Breitenlechner)
Bauwerk
Zugspitze Apartments
 
Standort
Platzl 103, 6105 Leutasch
 
Nutzung
Hotel/Apartments
 
Auftragsart
Direktauftrag
 
Bauherrschaft
Zugspitze Apartments Café
 
Architektur
columbosnext, Innsbruck
Jakob Breitenlechner
 
Fertigstellung
2021
 
Fotos
Lisa Walzl und Günter Richard Wett

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