Nachverdichtung im Gewerbegebiet

LORENZATELIERS
2. Februar 2024
Die Baulücke zwischen zwei Bestandsgebäuden wurde mit einem Neubau der Firma BORA geschlossen, sodass eine urbane Nachverdichtung mit minimaler Versiegelung entsteht. Architektur und Mischnutzung im Gewerbegebiet entsprechen dem langjährigen Engagement von Peter Lorenz. (Foto: Christian Flatscher)
Herr Lorenz, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Es gibt viel zu wenige Gelegenheiten, in Gewerbegebieten städtebauliche und architektonische Qualität zu schaffen. Genau das war jedoch die Aufgabenstellung des Auftraggebers an diesem BORA-Standort in Niederndorf. Ein sparsamer Umgang mit Grund und Boden gehört für uns zu den wichtigsten Prinzipien einer zukunftsfähigen Architektur.

Wir haben also die bestehenden Nutzflächen über Brücken durch einen kompakten Neubau verbunden. Dies führt auch zu kurzen Wegen zwischen den nunmehr drei Gebäuden der Anlage, was den Nutzenden Zeit spart. Die Verbindungsbrücken optimieren betriebliche Abläufe zwischen Neubau und Bestand.

In rund 20 Monaten Bauzeit entstanden flexibel gestaltbare Räume für 400 Büroarbeitsplätze. (Foto: Christian Flatscher)
Durch die Nachverdichtung des Ensembles konnte der Bodenverbrauch gering gehalten werden. Verbindungsbrücken zwischen dem neuen Bürohaus und den Bestandsbauten sorgen für optimale betriebliche Abläufe. (Foto: Christian Flatscher)
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?


Die Firma BORA möchte ihren Mitarbeitenden attraktive Arbeitsplätze in einem naturnahen Umfeld anbieten, um sie für diesen Standort zu gewinnen. Die Nutzerzufriedenheit stand also beim Entwerfen für uns im Mittelpunkt. Großzügige Freibereiche und ein hohes Maß an Flexibilität sind die Grundlage für ein nachhaltiges Gebäude, das langfristig auf verschiedene Weise genutzt werden wird. Eine Besonderheit unseres Entwurfs ist die Absenkung des Gebäudeniveaus und die Bepflanzung dieses Bereichs, um ein zusätzliches Geschoss innerhalb der vorgegebenen Höhe zu realisieren. Dadurch ist eine grüne Oase für die Mitarbeiter*innen entstanden – eine Qualität, die man wohl in nur wenigen Gewerbegebieten findet.

Blick auf die Verbindungsbrücken, über die der Neubau mit den Nachbargebäuden verbunden ist. (Foto: Christian Flatscher)
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?


Die erste Wahrnehmung an diesem Ort ist die herausragende, naturnahe Lage der Anlage in der Aulandschaft des Inns. Sie bildete den Startpunkt für unsere Überlegungen. Der Respekt vor und das Einbeziehen dieser einzigartigen Flusslandschaft war die Grundlage für das Konzept: Die schöne Landschaft ringsherum sollte bei der Arbeit erlebbar sein – auch wenn die Anlage zu einem Gewerbegebiet gehört, das meistens von weniger attraktiven Arbeitsplätzen gekennzeichnet ist. Die umlaufenden Balkone haben wir darum als erweiterten »Büroaußenraum« für informelle Gespräche, Telefonate, Lese- oder Lernarbeiten, Pausen und zur Erholung gestaltet. Attraktiver Treffpunkt für alle ist die einzigartige auskragende Terrasse im zweiten Obergeschoss.

Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?


Willi Bruckbauer von BORA hat uns mit seinem hohen Anspruch an die Qualität der Arbeitsplätze und seinen Anforderungen an Flexibilität, Effizienz und architektonische Qualität motiviert.

Die äußere Erscheinung des Gebäudes wird durch die Lebendigkeit der umlaufenden Absturzsicherung geprägt – ein unverwechselbares Kennzeichen des kompakten Baukörpers. (Foto: Christian Flatscher)
Die umlaufenden Balkone und eine große auskragende Terrasse im zweiten Obergeschoss dienen als erweiterter »Büroaußenraum«. (Foto: LORENZATELIERS)
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?


Wie ich zu Beginn schon angedeutet habe, ist uns wichtig, klimagerecht zu bauen. Wir haben darum eine auf das Minimum reduzierte Skelett-Konstruktion entwickelt, die für größtmögliche Flexibilität bei späteren Umnutzungen sorgt. Die umlaufenden Balkone verhindern zudem durch natürliche Verschattung die Überhitzung und minimieren den Energiebedarf. Letzterer wird regenerativ durch eine vollflächige PV-Anlage am Dach und durch eine Grundwasser-Wärmepumpe zur Heizung und Kühlung in Form einer Bauteilaktivierung gedeckt.

Lageplan (© LORENZATELIERS)
Grundriss 2. Obergeschoss (© LORENZATELIERS)
Von oben nach unten: Quer- und Längsschnitt (© LORENZATELIERS)
Bauwerk
Bürogebäude am Inn
 
Standort
Innstraße 1a, 6342 Niederndorf 
 
Nutzung
Bürogebäude
 
Auftragsart
Direktauftrag
 
Bauherrschaft
BORA Vertriebs GmbH & Co KG
 
Architektur
LORENZATELIERS ZT GmbH, Maria-Theresien-Straße 37, Innsbruck
Projektleiter: Franz-Xaver Baur
Projektteam Design: Peter Lorenz, Giulia Decorti und Jean-Pierre Bolivar
Projektteam: Barbara Gonzalez Diaz, Siegfried Gurschler, Thomas Kasseroler, Kathrin Sauerwein und Alexander Waldbauer 
 
Fachplaner
Tragwerksplanung: werkraum ingenieure ZT GmbH, Wien
Haustechnik: sautter ZT GmbH, Graz
Elektroplanung: eloplan GmbH, Kolbermoor, Deutschland
Geotechnik: Geotechnik Tirol Consult GmbH, Zirl
 
Bauleitung 
AIS Bau- & Projektmanagement GmbH, Kitzbühel
 
Fertigstellung
2023
 
Maßgeblich beteiligte Unternehmer 
Baumeister: Ing. Hans Bodner Baugesellschaft m.b.H & Co.KG, Kufstein
Fassade: Huter & Söhne GmbH, Innsbruck
Stahlbau: Stahlbau Fritz, Innsbruck
Dachdecker: Hermann Dagn GmbH, Kössen
 
Fotos
Christian Flatscher

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