Blick zurück

Ulf Meyer
27. Juli 2023
Foto: © Günter Richard Wett

Aktuell zeigen die Berliner Architekten Sauerbruch und Hutton ihr Lebenswerk in Tirol: Im Architekturzentrum aut (Architektur und Tirol) in Innsbruck präsentieren sie farbige Modelle ihrer Bauten auf den zugehörigen Transportkisten. Weil diese sehr dicht beisammen stehen, bilden sie eine Art »Sauerbruch-Hutton-Stadt« im ehemaligen Adambräu-Gebäude. Dieser Anblick beeindruckt sehr, kann aber nicht über die Unzulänglichkeiten der Schau hinwegtäuschen – doch der Reihe nach.

Die Zusammenstellung ist eine Variante der Ausstellung »draw, love, build«, die im Jahr 2021 im von Sauerbruch Hutton entworfenen Museum in Mestre zu sehen war. Der damals etwas unglücklich gewählte Titel der Ausstellung ist inzwischen verworfen worden – »open box« heißt die Werkschau nun, denn wie aus Pandoras Kiste werden die Modelle aus ihren Transportboxen ans Tageslicht gebracht. Das passt viel besser.

Foto: © Günter Richard Wett
Foto: © Sauerbruch Hutton

Das Museum Brandhorst in München und das mittlerweile über 30 Jahre alte GSW-Hochhaus in Berlin sind beispielsweise sofort wiederzuerkennen. »Rund und bunt« wird das Œu­v­re der beiden Architekten genannt. Neben diesen bekannten und allseits beliebten Markenzeichen zeigt die Schau jedoch implizit auch, dass hier Gestalter anfangen, eher auf ihr Lebenswerk zurückzuschauen als in die Zukunft: Vom einstigen Elan, von einer der britischen Arup-Schule folgenden Architektur, die überzeugend versucht, mit den Mitteln der Haus- und Gebäudetechnik umweltfreundliche Gebäude zu konzipieren, ist leider wenig geblieben. Der berühmten Sonnenschutz-Fassade des GSW-Hochhauses mit ihren Paneelen in Rosa, Orange und Rot, ein ikonisches Stück Berliner Architekturgeschichte, droht heute der Abriss. In den 1990er-Jahren war der Bau aus technischer und ökologischer Sicht innovativ, doch heute stellen manche sein Konzept infrage. Die bunten Keramikstäbe des M9-Museums in Mestre (2018) wirken hingegen nur wie eine Wiederholung des berühmten Museums Brandhorst (2009) und sind technisch eher konventionell. 

Derlei Kritik, die durchaus erfrischend und stimulierend wirken könnte, ist in der Tiroler Ausstellung freilich nicht zu sehen oder zu hören, schließlich haben die Architekten die Schau selbst kuratiert. Die »Freude an sinnlichen und überraschenden Räumen«, die sie sich mittlerweile zum Ziel gesetzt haben, ist anhand der Modelle nicht zu erleben. Etwa 60 Entwürfe sind im aut zu sehen, sodass, wie bereits angedeutet, ein dichter Modell-Dschungel entsteht. Informationen, Zeichnungen, Fotos und Filme müssen die Besucher*innen aber leider wie schon in Mestre über eine App herunterladen, um dann auf ihr Handy starrend durch die Ausstellung gehen. – Sinnliches Erfahren erlaubt dieses Arrangement definitiv nicht. Stattdessen haben die Architekten im aut eine »Lounge« eingerichtet. Die großen Fenster des Adambräus wurden dafür mit Schattierfarbe angestrichen. Nachts soll die Verglasung die Ausstellung im Stadtraum nahe dem Hauptbahnhof präsent machen. 

Foto: © Günter Richard Wett
Foto: © Günter Richard Wett

Die Ausstellung im aut (Lois Welzenbacher Platz 1, 6020 Innsbruck) läuft noch bis zum 21. Oktober dieses Jahres. Die Öffnungszeiten sind dienstags bis freitags von 11 bis 18 Uhr und samstags von 11 bis 17 Uhr.

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