Käufer für sanierte Villa von Josef Frank gesucht

Manuel Pestalozzi
24. November 2023
Neu flankiert ein Kubus den Zugang zur Villa. (Foto: Daniel Hawelka)

»Wer die denkmalgeschützte Stadtvilla betritt, wandelt auf den Spuren der Wiener Moderne: Offene Räume mit charmanten Nischen, klar geschnittene Zimmer in verschiedenen Zwischenebenen und elegante Flächen, die zum Flanieren einladen.« So wertschätzend äußert sich Architektin Gina Ossoinig in einer Pressemitteilung der amb Development zu dem Baudenkmal, das sie im Auftrag der Immobilienfirma restauriert und mit einem verglasten Kubus ergänzt hat. Der 90 Quadratmeter große Raum könne als Büro, Galerieraum, Showroom oder Dependance genutzt werden, sagt Paul Öllinger, Geschäftsführer von amb Development. 

Die Villa von Josef Frank wurde 1935 fertiggestellt – zwei Jahre nachdem der jüdischstämmige Architekt, der unter anderem Initiator und künstlerischer Leiter der Wiener Werkbundsiedlung war, wegen des antisemitischen Klimas in Wien die Stadt gen Schweden verlassen hatte. Bauherr war der Papierindustrielle Hugo Bunzl, seines Zeichens Miteigentümer des Konzerns Bunzl & Biach. Frank hatte eine langjährige Beziehung zur Familie Bunzl: In der Nähe von deren Firmensitz in Ortmann bei Pernitz in Niederösterreich konnte Frank 1914 bereits eine erste Villa Bunzl realisieren, ferner 1919 eine Arbeitersiedlung und 1924 die Villa Herzberg-Fraenkl für den Direktor der Papierfabrik. Letztere war übrigens Eigentum des Konzerns Bunzl & Biach und wurde während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft »arisiert«. Nach dem Zweiten Weltkrieg gelangte die Villa Herzberg-Fraenkl wieder in den Besitz der Familie Bunzl.

Villa und Ergänzungsbau sind durch einen respektvollen Abstand voneinander getrennt. (Foto: Daniel Hawelka)

Doch zurück zur Villa Bunzl: Bezogen auf das Verhältnis zwischen der Bauherrschaft und dem bekannten Architekten respektive dessen Werk ist sie also auch jenseits der Architektur ein bedeutendes Stück Geschichte. Die Villa verweist mahnend auf das Schicksal der jüdischen Bevölkerung in Österreich während NS-Zeit. 

Nun wurde sie in Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt adaptiert, um zeitgemäßes Wohnen zu ermöglichen. Damit ging ein technischer Ausbau des historischen Bestands einher, Luft-Wasser-Wärmepumpen inklusive. In der Villa Bunzl ist nach wie vor zu erleben, wie Josef Frank seine Wohnphilosophie in die Praxis umgesetzt hat. Da bei seinen Bauten die adäquate Möblierung eine essenzielle Rolle spielt, müssen sich potenzielle Käufer*innen allerdings intensiv mit dem Architekten auseinandersetzen, damit die Räume ihre volle Wirkung entfalten. 

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