Offener Brief an die UNESCO: Beginnen die Planungen für den Heumarkt noch einmal neu?

Manuel Pestalozzi
14. September 2023
Noch steht das Hotel InterContinental am Heumarkt. Beim Streit um das Nachfolgeprojekt zeichnet sich keine schnelle Lösung ab. Die Fronten scheinen aktuell verhärtet. (Foto: Gryffindor via Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0)

Seit mittlerweile über einem Jahrzehnt wird nun schon über die Entwicklung des Gebiets um das Hotel InterContinental am Wiener Heumarkt gestritten. Die Stadt möchte dem Entwickler WertInvest den Bau eines Wohnhochhauses gestatten, die UNESCO hatte gedroht, Wien in diesem Fall den Status als Welterbestätte zu entziehen. Im Frühling 2019 wurden die Planungen gestoppt, die Stadt wollte sie überdenken. Nach wie vor ist seither kein finaler Entscheid gefallen, wie sich die Zukunft des Geländes gestalten wird. 

Mit einem offenen Brief haben sich Expert*innen und Vertreter*innen wichtiger Institutionen aus Wien nun am 7. September an die UNESCO gewandt. Sie fordern, Wien auf der Roten Liste des gefährdeten Welterbes zu belassen, solange »für das Areal am Heumarkt kein welterbeverträgliches Projekt mit deutlich reduzierter Baumasse vorliegt«. Die Verfasser*innen fordern auch den Erhalt des seit 1901 bestehenden Eislaufplatzes am Heumarkt.

Die Verfasser*innen des offenen Briefs bemängeln die Ausmaße des Kompromissvorschlags. (Visualisierung: © WertInvest)
Noch immer zu groß?

Die jüngste Projektvariante »Plan C« von WertInvest entspricht nicht den Erwartungen, welche im offenen Brief vertreten werden: Mit einer Höhe von 56,5 beziehungsweise 48 Metern würde die Bestandshöhe des Hotels noch immer um 18,5 respektive 10 Meter überschritten. Die neue Anlage würde die Ringstraßenbebauung um mehr als das Doppelte überragen, heißt es in dem Schreiben an die UNESCO. Dies führe, so die Verfasser, zur starken Beeinträchtigung historischer Blickachsen, etwa im barocken Belvedere-Garten. Dies wurde durch die Untersuchung »HIA 2 Heumarkt / World Heritage property Historic Centre of Vienna« im Dezember 2021 bestätigt. 

Gefordert wird stattdessen die Entwicklung eines welterbeverträglichen Projekts – das meint vor allem die Gestaltung einer Anlage mit deutlich weniger Baumasse. Solange ein solches nicht vorliege, solle das historische Zentrum Wiens auf der Liste der gefährdeten Welterbestätten bleiben, wird verlangt.

Im Juni hatte die WertInvest ihrerseits bereits auf die Umweltverträglichkeitsprüfung verwiesen. Hinsichtlich des Projekts »Heumarkt neu« des Büros hochform. Architekten sei Christa Reicher, Leiterin des Instituts für Städtebau und europäische Urbanistik der renommierten RWTH Aachen, zu einem positiven Ergebnis gelangt: »Die bei Umsetzung des Projekts ›Heumarkt‹ zu erwartenden Beeinträchtigungen des Schutzzwecks der UNESCO-Welterbestätte ›Historisches Zentrum von Wien‹ sind nicht als erheblich beziehungsweise wesentlich einzustufen.« WertInvest plan darum den Baubeginn für 2026. Zweieinhalb Jahre später soll das Projekt verwirklicht sein. Das bestehende Hotel InterContinental würde nach diesem Fahrplan voraussichtlich bis Ende 2025 in Betrieb bleiben. Doch der Ausgang der Auseinandersetzung um die Zukunft des Heumarkts scheint weiterhin offen.

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